Herz-Jesu-Familie

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Herz-Jesu-Familie - Juni 2016 - Herz-Jesu-Familie.de
Leitwort für das Jahr: „Das Herz Jesu ist die Quelle der brüderlichen Liebe."
„Fürchte dich nicht du kleine Herde" (Lukas 12, 32) - Barmherzigkeit

(Aus einem Vortrag P. Otto Maier SJM)


Wohl selten in der Geschichte der Menschheit ist die Barmherzigkeit Gottes, des Herrn, uns Menschen so notwendig wie heute. Denn die Menschheit trinkt die Sünde wie Wasser. Sie haben ihren Gott und Herrn vergessen, und viele leben ihr Leben komfortabel und fern von IHM in einer Zivilisation ohne Gott. Wird wohl der Herr dieser Generation noch gnädig sein?- Ja! - ER wird gnädig sein, wenn wir uns IHM wieder ganz zuwenden. Doch der Herr fordert die Bekehrung. Dafür müssen wir beten!

Denn Gott ist seinem Wesen nach barmherzig, wie ER auch seinem Wesen nach gerecht ist. Es gibt keine Barmherzigkeit ohne die Gerechtigkeit. Es gibt keine Gerechtigkeit ohne die Barmherzigkeit. Gott vergibt jedem Sünder seine Sünden, der wahrhaft Buße tut, mögen seine Sünden groß sein. Die Welt- und die Kirchengeschichte zeigt uns eine große Zahl von schweren Sündern, die sich bekehrt und dann zu Gott heimgefunden haben.Gott, der Barmherzige, offenbart sich uns auch darin, daß ER uns seinen Sohn gesandt hat.

Solange nun der Heilige Vater in besonderer Weise ein Jahr der Barmherzigkeit ausgerufen hat, heißt das auch, diese Zeit mit Eifer zu nutzen, um erneut von Gott, dem barmherzigen Richter, die Gnade der Verzeihung zu erlangen. Wir sollen also umkehren, um in Gott wieder Frieden zu finden. Denn wer immer diese Gnadenzeit ungenutzt verstreichen läßt, muß in seinen Sünden sterben. Wem Gott, der Herr, die Gnade einer Bekehrung schenkt, der sollte nicht zögern, seine Sünden zu bekennen, um ganz zum Herrn zurückzukehren.

Zur Zeit Jesu, des Herrn und Heilands, sind viele, wie der Papst schreibt, umgekehrt und haben das Heil gefunden. Da waren die beiden Zöllner Matthäus und Zachäus, die ihr Geld liegen ließen und Jesus nachfolgten, da war die Ehebrecherin und Maria Magdalena, aus der der Herr sieben Dämonen austrieb, da war Petrus, der nach der Verleumdung Jesu bitterlich weinte, da war der reumütige Schächer, der mit Jesus in’s Paradies eintreten durfte, da war die Samariterin, die Jesus nach Samaria hinein führte. Jesus hat sie und viele andere gesucht und gefunden und Ihnen die Umkehr geschenkt, nun herrschen sie mit IHM in Ewigkeit. Nach dem Tod und der Auferstehung Jesu haben unzählige Menschen durch Jesus Verzeihung empfangen. Denn Jesus hat uns nicht nur das heilige Sakrament der Beichte geschenkt, sondern die Sünder auf den Weg der Rückkehr geführt, durch das Herz Jesu und den barmherzigen Jesus.

Da ist der heilige Augustinus, der jahrelang mit einer Frau unehelich zusammenlebte. Das Kind, das ihnen geboren wurde, nannte er „Deodatus", das heißt von Gott gegeben. Die Tränen seiner Mutter Monika führten dann dazu, sich vom unehelichen Band zu trennen und sich zu bekehren. Er wurde einer der größten Kirchenlehrer unseres Glaubens.

Da ist Charles de Foucauld, der Wüstenheilige. Er war zunächst französischer Offizier und wurde nach Afrika versetzt. Er glaubte nicht an Gott. Seine Bekehrung erfolgte wohl, als er in der Wüste im Zelt übernachten mußte. Ein Wüstensohn hat ihm die Leviten gelesen. Und das war so:

Sie hatten in ihrem Zelt geschlafen und draußen vor dem Zelt war in der Nacht eine Wüstenkarawane vorübergegangen. Nachdem sie am Morgen aufgestanden waren, sagte Charles der Foucauld beiläufig:" Hier ist heute Nacht eine Karawane vorüber gegangen." Der Begleiter schüttelte den Kopf und erwiderte: „Nein!" Charles blickte erstaunt hinüber und meinte: „Du kannst es nicht leugnen; denn hier sind Kamelspuren und hier hat sogar ein Kamel etwas fallen lassen." Der Begleiter lächelte ernst und gab zur Antwort:,,Herr de Foucauld, sie haben mit mir meine Heimat durchwandert. Sie waren mit mir im Atlasgebirge, haben die Adler fliegen gesehen und die herrliche Bergwelt bewundert. Wir sind in den wie endlosen Wüsten mit ihren heiß brennenden Tagen und den kalten Nächten mit einander gewandert. Wir waren am Meer und haben dem immerwährenden Rauschen ihrer Wogen gelauscht. Die Städte und Dörfer meiner Heimat haben sie entzückt. Darum, Herr de Foucauld, wenn sie das alles mit hellen Augen bewundert haben und immer noch behaupten, es gibt keinen Gott, dann, Herr de Foucauld, dann ist hier heute Nacht auch keine Karawane vorübergegangen. Diese Worte tra-fen das Herz von Herrn de Foucauld, und er bekehrte sich.

Beim Internationalen Treffen der Herz-Jesu-Familie im Jahre 2002 in Paray-le-Monial in Frankreich hatte ich die große Freude den geistlichen Leiter der Herz-Jesu-Familie aus Vietnam, Pater Joseph Nguyen Tien Loi, im Beisein der früheren Gründerin Frau Maria Flesch, kennen zu lernen. Die Vorsehung des Heiligsten Herzens Jesu ließ mich nun heute, vierzehn Jahre nach unserem Treffen, einen Bericht von Pater Joseph Nguyen Tien Loi finden, der in ergreifender Weise seine Gefangenschaft in einem kommunistischen Gefängnis, schildert. Der Bericht stammt von einer Übersetzung eines Artikels aus einer französischen Zeitschrift vor der Heimkehr Pater Joseph Nguyen Tien Loi 1992 nach Nord-Vietnam. Am 3. Mai 1998, morgens um 5 Uhr wurde Pater Joseph Nguyen Tien Loi  zum Priester geweiht, am Sonntag des guten Hirten, am Welttag der Berufungen, im Alter von 63 Jahren.

Pater Joseph Nguyen Tien Loi erzählt seine Geschichte.


Ich bin neunzehnhundertvierunddreißig in Nord-Vietnam geboren worden. Als ich vierzehn Jahre alt war, bin ich in ein Internat für zukünftige Seminaristen eingetreten. Im vierten Jahr der Theologie aber hat man mich aus dem Seminar entlassen, weil ich der Sohn eines Besitzers war, das heißt  „Feind des Volkes." Damals waren die Güter der Kirche beschlagnahmt worden, und nur die Jungen, deren Familien die Studienkosten bezahlen konnten, durften im Seminar bleiben. Unter dem Vorwand, den Armen die Plätze zu überlassen, hat die kommunistische Regierung neunzig Prozent des Bestandes der Schüler entlassen.

Als ich nach Hause zurückgekehrt war, hat man mich zu einer Ehe zwingen wollen, nur damit man das Problem der Priesterberufung beiseite schieben konnte. Man hat mir Geld versprochen, um die Hochzeit zu feiern und man hat mir vorgeschlagen, die Nationale Universität zu besuchen, um so irgendwelche Karriere zu machen.

Ich wollte aber meiner Berufung zum Priester treu bleiben und habe mich deshalb mit aller Kraft gewehrt. Darauf hat man politische Gründe erfunden, um mich einzusperren, zehn Jahre lang. Die letzten drei davon in einem finsteren Gefängnis, mit viel zu wenig Nahrung, nur eine Handvoll Reis pro Tag und ein wenig Maniok, in Stockfinsternis, mit vielen Moskitos, Wanzen, übermäßiger Feuchtigkeit, und vor allem, in dem Gestank der Toiletten. Vierundzwanzig Stunden am Tag war ich dort eingesperrt, ohne mich bewegen zu können und ohne dieses Gefängnis verlassen zu können. Was hat mich befähigt zu überleben und diese Prüfung zu überstehen? Es war der katholische Glaube, der mich gerettet hat. Die Worte des Evangeliums. Ohne diese wäre ich in diesem Gefängnis gestorben. In völliger Dunkelheit und mit angeketteten Beinen konnte ich meinen Geist nicht länger als fünf Minuten von meinen Wunden ablenken. Ich litt zu sehr, um den Rosenkranz ununterbrochen beten zu können, und ich brauchte manchmal den ganzen Tag, um dies zu erreichen. Bei jeder Ablösung der Wache, je-desmal nach zwei Stunden, sogar nachts, schüttelte der neue Wächter meine Ketten, um festzustellen, daß ich noch da war. Dies verursachte so schwere Schmerzen, daß ich bei jedem Ruck zu sterben glaubte. Ich dachte an die Hölle, so wie diese in meinem Katechismus beschrieben wurde. Die Hölle, das war für mich das ewige Feuer, mit Dämonen die uns quälen, mit Inschriften an den Wänden, wie zum Beispiel  „Ewige Verdammnis, du kommst hier nie hinaus!" Im Vergleich dazu war mein Gefängnis nichts mehr. Es gab dort kein ewiges Feuer, es gab dort keine Dämonen, die uns quälen. Es gab nur  Wächter, die ungern zu uns kamen. Es gab auch keine Inschriften an den Wänden.

Unser Präsident Ho Chi Min hatte uns mit einem schönen Satz ermutigt:  „Wir müssen standhaft bleiben, fünf Jahre, zehn Jahre, fünfzehn Jahre, zwanzig Jahre lang oder noch mehr, aber schließlich werden wir siegen." Ich habe diese Worte auf mich bezogen, und ich habe mir gesagt: „Ich muß hier bleiben, fünf Jahre, zehn Jahre, fünfzehn Jahre, zwanzig Jahre oder noch mehr, aber am Ende, beim Tode, werde ich hier hinauskommen, während es in der Hölle ewig sein wird, du kommst da nie hinaus. Und so, jedesmal als ich an die Hölle dachte, milderte dies mein Leiden. Was mir am meisten Kraft gegeben hat, waren die Worte des Evangeliums. In einer derartigen Lage bekamen diese ihren wahren Wert.

Zum Beispiel: „Derjenige, der Mir nachfolgen will, nehme sein Kreuz auf sich, jeden Tag," oder: „Der Jünger ist nicht größer als der Meister," „selig diejenigen, die für die gerechte Sache gefoltert werden." Es gibt auch einen schönen Satz vom heiligen Paulus: „Ich ergänze in meinem Fleische, was am Leiden Christie noch fehlt." Und der heilige Augustinus hat auf la-teinisch gesagt. „Hic ure, hicseca ut me parcus in aeternum", was heißt: „Verbrenne mich oder durchschneide mich, damit ich in Ewigkeit verschont bleibe:" Das ist die wahre Nahrung, um leiden zu können.

In der Finsternis, unter der Folter, habe ich ganz oft geweint, nicht aus Verzweiflung, sondern in der Hoffnung. Ich dachte an die Römische Kirche, an euch alle, Kinder Gottes in der freien Welt, und ich habe oft so gebetet:

„Oh, Mutter, du Römische Kirche, weißt du, daß in einer fernen Ecke, verloren im Wald, deine Kinder leiden, um dir treu zu bleiben, um dem katholischen Glauben treu zu bleiben. Nein, niemals können wir dich verlassen. Aber Du, unsere Mutter bete, damit wir immer die Kraft haben, für dich zu leiden." Amen.

Dank all dieser Betrachtungen, kenne ich eine geheime Freude, die mich tröstet, und ich fühle mich Jesus Christus ganz nahe, mehr als an irgendeinem Zeitpunkt meines Lebens. Wenn man nichts mehr besitzt, braucht man alles und vor allem Gott. Aber wenn man alles hat, braucht man nichts, und vor allem nicht Gott, man braucht dann Gott nicht mehr.

Brüderliche Liebe im Gefängnis.


Während der sieben Jahre der Zwangsarbeit waren wir, meine Gefährten und ich, Zeugen für Christus und den katholischen Glauben. Das Wichtigste ist die brüderliche Liebe. Im Gefängnis hat ein Würfel Zucker mehr Wert als eine Tonne Zucker in Europa. Eine kleine Garnele wird zu einem großen Schatz, den man aber unter sich teilt. Wenn einer das Glück hat, in das Empfangsgebäude gerufen zu werden, wo seine Familie auf ihn wartet, und um Geschenke zu bekommen, die nicht mehr als ein Kilogramm wiegen, so teilt er mit den Leuten an den Nachbartischen die Ware, die leicht verderblich ist. Was haltbar ist, wie zum Beispiel Medikamente, Büchsenmilch oder Zucker, bewahrt er auf, um kranken Kameraden zu helfen. Darüber staunen andere Häftlinge, Buddhisten oder Heiden und sogar die Polizisten. Sie fragen sich, wie man im Gefängnis einander so lieben kann: Wie können sie untereinander Sachen verteilen, die so lebenswichtig sind für jeden einzelnen? Und dank dieser Bruderliebe haben sich viele buddhistische oder heidnische Gefangene bekehrt. Wir haben viele von ihnen heimlich getauft. Sie haben etwas sehr Starkes, sehr Tröstliches in dem katholischen Glauben entdeckt. Man ist erstaunt, wieso in ein und demselben Gefängnis, unter derselben Folter, die Christen immer lächeln können, und wieso sie sich untereinander lieben können wie in einer Familie, einander ermutigen können und alles zusammen teilen.

Ich werde euch eine schöne Geschichte erzählen.


In unserer Mitte war ein Gefangener, der schon fünfundzwamzig Jahre eingesperrt war. Er arbeitete mit der Polizei zusammen. Er war der grausamste Hinterbninger, mit der Absicht, die christlichen Gefangenen foltern zu lassen, durch falsche Anzeigen, die den Polizisten gefielen. Nach fünfundzwanzig Jahren ist er blind geworden und alle haben ihn fallen lassen. Die Polizisten brauchten ihn nicht mehr und die anderen Gefangenen profitierten an dieser Lage, um sich an ihm zu rächen.

Wir, die christliche Gemeinschaft, haben uns seiner angenommen, haben seine Wäsche gewaschen, wir haben ihn zur Toilette begleitet, wir haben ihn unter uns aufgenommen, und wir haben alles, wie mit einem Bruder, mit ihm geteilt. Er hat sich gewundert, hat uns gefragt: „Wie könnt ihr mich so aufnehmen, wie könnt ihr mir verzeihen? Seid ihr noch diejenigen, die ich am ungerechtesten behandelt habe, euch, denen ich am meisten geschadet habe?" Wir haben ihm geantwortet: „Das ist das Geheimnis des Christentums. Es ist Jesus, der uns das gelehrt hat, es ist das „Vater unser", das wir jeden Tag beten. Es ist das Beispiel von Christus selbst:"

Dann hat er angefangen zu weinen und hat sich bekehren wollen, wollte getauft werden. Wir haben ihn also im Gefängnis getauft, und weil es der Tag war, an dem die Bekehrung vom heiligen Paulus gefeiert wurde, haben wir ihn Paul genannt. Als er schließlich frei wurde, hat einer unserer Brüder eine Frau für ihn gefunden. Sie war auch eine konvertitin. Sie wohnen in Hanoi, leben in Armut und haben einen Sohn, der jetzt zehn Jahre alt ist. Er hat mir einmal geschrieben. Wir sind sehr arm, aber das macht nichts, weil die heilige Magd und Jesus bei uns sind, und wir sind sehr glücklich. All diejenigen, die wir im Gefängnis getauft haben, sind dem Glauben treu geblieben. Sie gehen alle treu zur Kirche.

Hinsichtlich der Scheidung.


Die Briefe der Familien, die uns erreichten, wurden von allen Gefangenen gelesen, weil wir nichts anderes zu lesen hatten, und wir so etwas über die Außenwelt erfahren konnten. So freuten wir uns über jeden Brief. Auf diese Weise haben heidnische Gefangene Briefe von christlichen Frauen gelesen und darin schöne Abschnitte gefunden. Zum Beispiel: „Du und ich, wir tragen dasselbe Kreuz. Trage gut dein Kreuz dort wo du bist. Befolge streng die Anordnungen des Gefängnisses, damit du geschont wirst und so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren kannst. Ich habe hier auch mein Kreuz zu tragen, das schwer genug, ist wegen der Betreuung der Kinder, die Nahrung für die Eltern, die schon alt sind. Und falls ich etwas Geld verdienen kann, was zwar nicht leicht ist, werde ich dich einmal im Jahr besuchen können. Wenn dies aber nicht gelingt, sei doch zufrieden und opfere es Christus auf. Was die Treue anbelangt, so sei nicht besorgt, sei beruhigt. Wie könnte eine christliche Frau schlechte Beziehungen haben mit jemand anderem, während ihr Mann für Christus leidet? Nein, das wäre unmöglich. Erinnere dich der heiligen Versprechen vor dem Priester und der ganzen Gemeinschaft, am Tag unserer Heirat:"

Nachdem sie solche Briefe gelesen hatten, kamen sie zu uns und sagten: „Jetzt verstehen wir, daß die Römische Kirche recht hatte, niemals die Scheidung anzuerkennen. Bevor wir im Gefängnis waren, haben wir eure Kirche in dieser Hinsicht kritisiert, aber jetzt sind wir die Opfer. Denn nach ein oder zwei Jahren im Gefängnis haben wir Briefe von unseren Frauen erhalten, die sich scheiden lassen wollten, und das wurde leicht bewilligt. So sind manche von uns, als sie frei wurden, nach Hause zurückgekehrt, aber konnten dort nicht einkehren, weil ein anderer dort eingezogen war. Sie mußten einige Minuten vor der Tür stehen und dann weggehen. Wir begreifen jetzt, daß ihr, sogar im Gefängnis, noch lächeln könnt. Ihr seid nicht besorgt wegen eurer Frauen. Ihr habt die Kraft eures Glaubens und ihr werdet unterstützt durch Bruderliebe, während wir, als wir gefangen genommen wurden, alles verloren haben, Freiheit, Frau, Kinder, Haus und vielleicht sogar unser Leben!"

Die heilige Eucharistie im Gefängnis.


Nach zehn, fünfzehn, zwanzig Jahren im Gefängnis dürsteten wir alle nach der heiligen Eucharistie. Aber wie konnten wir uns diese verschaffen in einem kommunistischen Gefängnis? Der Heilige Geist hat einen Bruder erleuchtet. Er hatte den Mut, an seine Familie zu schreiben. Er hat geschrieben: „Wir haben hier viele Kranke und brauchen das Manna-OeI." Die Familie hat dieses Erkennungswort gut verstanden. Sie hat einen alten Pfarrer um Mithilfe gebeten, aber er hat sich geweigert. In Nord-Vietnam wußte man nichts vom Konzil Vatikan II und man hat darauf bestanden, um schließlich fünf oder sechs kleine Hostien zu erhalten. Ein junges Mädchen, die Schwester unseres Kameraden, ist in die Apotheke gegangen und hat dort ein kleines Fläschchen mit aromatischem Balsam gekauft. Sie hat den ganzen Inhalt herausgenommen und auf den Boden die Hostien gelegt und dann den Balsam wieder einge-füllt. Sie hat die kleine Flasche versteckt zwischen Fleisch, Fisch, Gewürzen, all dasjenige, was man den Gefangenen bringt. Sie hat mehr als tausend Kilometer zurückgelegt, im Zug, im Bus und zu Fuß. In dem Besucherraum hat sie ihrem Bruder gesagt: „Ich habe dir das Manna-Oel gebracht, worum du gebeten hattest." Ein Polizist hat einen Zahnstocher in den Balsam gestochen, aber nichts gefunden. Er hat nicht gesehen, daß Jesus auf dem Boden lag, still, ohne sich zu bewegen!

Während der Mahlzeit hat dieser Bruder zu uns gesagt: „Ich habe das Manna-Oel erhalten:" Wir haben aufgehört zu essen, und haben viel geweint. Wie konnte Jesus uns so sehr lieben, daß er tausend Gefahren und Kontrollen durchstehen mußte, und akzeptierte, daß er mit allen Lebensmitteln vermischt wurde, um uns dort zu erreichen wo sogar die höchsten kommunistischen Kader nicht hineinkommen durften?

Sicherheitshalber haben wir das Fläschchen in ein gebrochenes Bambusrohr gesteckt, worauf die Sachen der Gefangenen liegen. Keine einzige andere Stelle ist sicher, denn wir riskieren immer wieder Kontrollen am Tage. Aber am Abend sagte der älteste Diakon unserer Gemeinschaft: „Müssen wir Jesus in diesem Bambusrohr lassen, nachdem er einen so langen Weg zurückgelegt hat, um uns zu begegnen? Ich habe mich entschlossen, ihn für die nächtliche Anbetung mitzunehmen. Wir fangen an bei dem, der am nächsten bei der Eingangstür sitzt. Aber um neun Uhr abends müssen alle schlafen gehen, niemand darf dann sitzen bleiben. Also müssen wir einander ein Zeichen geben, um die heilige Eucharistie weiterzugeben. Wir müssen dann zu zweit zu den Toiletten gehen. Das ist der einzige Ort, wo es keine Polizisten gibt." Als ich an der Reihe war, habe ich die heilige Eucharistie auf meine Brust gelegt. Ich habe geweint und alle Leiden des Gefängnisses vergessen. Es gab nur noch Jesus und ich. Ich habe gebetet, ich habe mit ihm gesprochen, und ich habe auf Vietnamesisch ein Gedicht komponiert, das ich habe auswendig lernen müssen, um es später aus dem Gefängnis mitnehmen zu können. Wir haben die heilige Eucharistie ungefähr einen Monat bewahrt, damit unsere Brüder in den anderen Gebäuden sie auch bei sich haben konnten. Die nächtliche Anbetung reichte nicht mehr, wir haben sie auch tagsüber halten müssen. Wir mußten eine Woche lang hart arbeiten, dann mußten wir uns in der Krankenabteilung krank melden, um sicher zu sein, an die Reihe zu kommen beim Herrn. Nach einem Monat der Anbetung haben wir die heiligen Hostien für die Kommunion verteilen müssen, aber sie reichten nicht für uns alle. Nur diejenigen, die länger als fünfzehn Jahre im Gefängnis waren, konnten kommunizieren. Ich konnte nicht daran teilnehmen, weil ich erst zehn Jahre in Haft war. Wir haben Wache gehalten, um unsere Brüder zu beschützen, die die Freude der heiligen Kommunion erleben durften. Wie Sie sehen, ist die heilige Eucharistie im Gefängnis Liebe, Trost, Kraft. Sie erweckt Gebete, die kostbarer sind als Perlen. Ich habe die Absicht nach Vietnam zurückzukehren um alle meine Brüder wiederzufinden, die nach Gott dürsten. Betet für mich, betet für die Kirche von Vietnam, betet für mein Land, das ich liebe, und wo ich die Priesterweihe erhalten möchte, wenn dies Gottes Wille ist. Andernfalls bin ich bereit, noch weiter zu leiden für den katholischen Glauben mit Gottes Gnade und der Hilfe eurer Gebete.

Nächtliche Anbetung.


Du besuchst mich im Gefängnis, Herr in diesem schmutzigen und dunklen Ort, wo es keine Blumen gibt, keine Musik, keine Leuchter. Weil Du mich zu sehr geliebt hast, bist Du Gefangener geworden. Während einer dunklen Nacht, mit kaltem Tau, mit sanftem Wind, freue ich mich, Dich anzubeten. Mit Tränen in den Augen, voller Liebe. Welch ein Glück für mich, Dich anzubeten. Mit Tränen in den Augen, voller Liebe. Welch ein Glück für mich: Du in meinen Händen! Singt laut alle Engel, beweihräuchert und zündet Kerzen an. Strahlet mit euren Lichtern zu Seinem Lob. Ich bin unwürdig, hier allein auf einem Brett. Komme schnell, oh heilige Mutter, trage uns in Deinen Armen. Begleite uns mit Deinem leichten Hauch. Wir schlafen ein in Deiner Milde. Ja Herr, nun habe ich gut verstanden, wie leichtsinnig die weltliche Liebe ist, die mich aufnimmt in glücklichen Augenblicken und die sich von mir entfernt in meinem Unglück. Wie groß ist Deine Liebe, die immer fortdauert, sogar wenn ich Dich verrate, verzeihst Du mir und ewig liebst Du mich. Trotz gefährlicher Fahrten, strenger Kontrollen und hoher Mauern, trotz Verachtung und schwieriger Wege. Wie klein und demütig hast Du Dich gemacht! Bleibe bei mir, bleibe immer, damit die Kälte und die Einsamkeit aufhören, damit mein Leben strahle wie der Tag. Dies ist das große Glück. Mögen meine Arme Dich fest umarmen. Nie werde ich von Dir scheiden. Mit Dir ist das Gefängnis nicht länger Unglück und Schrecken. Das irdische Paradies ist hier, jetzt schon!" - Pater Joseph Nguyen Tien Loi.

Tod von Pater Joseph Nguyen Tien Loi.


Am 23. April 2005 starb Pater Joseph nach kurzer schwerer Krankheit nachdem er bei einem Besuch in Frankreich im Jahre 2003 einen Herzinfarkt erlitten hatte. In einem Bericht lesen wir: Aus ganz Vietnam strömten Tausende von Menschen herbei, um Abschied von Pater Joseph Nguyen Tien Loi zu nehmen, den sie so sehr, wie einen Vater geliebt haben. Viele kamen zum Begräbnis zu spät, weil die Fußwege über’s Gebirge zu weit und der Zugverkehr zusammengebrochen war, wegen der Überfüllung der Züge. So hat die Nichte von Pater Joseph Nguyen Tien Loi, die in Frankreich wohnt und zur Beerdigung angereist war, berichtet. Der Bischof hat wegen ihrer verspäteten Ankunft die Beerdigung um einige Tage verschoben.

Neue Leiterin der Herz-Jesu-Familie  Frau Marianne Kobold.


Zu einem gemeinsamen Treffen, welches im Haus Sankt Ulrich in Hochaltingen stattfand, waren alle verantwortlichen Apostel der Diözesen, eingeladen. Haupttagesordnungspunkt war die Beratung zur neuen Satzung mit gleichzeitiger Wahl eines neuen Vorstandes. Die Satzung welche in Canada erstellt wurde, wird nun weltweit zur Anwendung kommen. Bei der Wahl des neuen Vorsitzenden der Herz-Jesu-Familie wurde der verantwortliche Apostel der Herz-Jesu-Familie für die Diözese Freiburg-Nord, gewählt.

Frau Marianne Kobold
Am Ring 68
74889 Sinsheim
Telefon 07261/ 2356 E-Mail: marianne-kob-at-online.de

Es ist mir nicht leicht gefallen, daß ich, Edmund Dombrowski, aus familiären und gesundheitlichen Gründen nicht am Treffen teilnehmen konnte. Somit wurde mein Amt als verantwortlicher Leiter der Herz-Jesu-Familie Deutschland, welches ich im März 2001 beim Aposteltreffen in Auerbach, von der inzwischen verstorbenen Gründerin, Frau Maria Flesch aus Morbach im Hunsrück, übernommen habe, nach fünfzehnjähriger Tätigkeit in die Hände von Marianne Kobold, übertragen. Es segne und behüte Marianne Kobold, die Allmacht des himmlischen Vaters, die Weisheit des göttlichen Sohnes und die Liebe des Heiligen Geistes sowie Maria die himmlische Mutter und Königin des Friedens.

Durch die Gnade Gottes habe ich inzwischen mein achtzigstes Lebensjahr, am Fest des heiligen Apostels Matthias, am 24. Februar 2016, erreicht. Dank sei dem Herrn! Die enge Verbundenheit mit der Herz-Jesu-Familie bleibt natürlich weiter bestehen, da ich als Apostel mehrere Herz-Jesu-Familien, betreue. Ich möchte mich in diesem Augenblick, während ich diesen Brief schreibe, herzlich bedanken, bei all jenen, mit denen ich zusammen arbeiten durfte zur Ehre des „Heiligsten Herzens Jesu:" Unvergessen werden die vielen Telefongespräche und geschriebenen Briefe sein, in denen ich Hilfe suchenden Menschen in ihren Nöten beistehen konnte. Allen, denen ich in dieser langen Zeit Unrecht getan habe, bitte ich hiermit um Verzeihung.

Besondere Informationen.


Die Herz-Jesu-Familie gedenkt der Lebenden und Verstorbenen Mitglieder in einer heiligen Messe, am Sonntag Christ König, dem 20.November 2016 in der Kirche Sankt Mariä Himmelfahrt in Wassenberg.

Spenden: Wir bedanken uns auf diesem Wege wieder ganz herzlich bei allen Spendern, die unserer Familie seit vielen Jahren, auch in schwierigen Zeiten immer wieder finanzielle Hilfe zukommen lassen. Besonders unseren neuen Betern und Beterinnen sei an dieser Stelle gedankt für ihre hochherzige Unterstützung. Alle ihre Sorgen und Nöte bringen wir in der täglichen heiligen Messe den Heiligsten Herzen Jesu und Mariens, als Opfergabe da.




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