Herz-Jesu-Familie


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Rundbrief Nr. 26 vom 25. Mai 2010

Archiv 1: Rundbriefe Nr. 1-25
Archiv 2: Rundbriefe Nr. 26-34

Die heilige Veronica Guiliani


Heute schreibe ich über die heilige Veronica Giuliani.


Die heilige Veronica Giuliani. Geboren am 27. Dezember 1660 in Mercatello sul Metauro. Gestorben am 9. Juli 1727 in Citta di Castello. – Veronica Giuliani. Kapuzinerin. Äbtissin. Stigmatisiert. 1839 heiliggesprochen. Wird dargestellt mit Dornenkrone. Das Herz vom Jesuskind verwundet. Fest: 9. Juli.

Eine große Passionsmystikerin des Ordens der Klarissen-Kapuzinerinnen ist diese Heilige, die am 27. Dezember 1660 zu Merccatello sul Metauro, südwestlich von Rimini in Mittelitalien, als siebtes Kind des Finanzbeamten Francesco Giuliano geboren und tags darauf auf den Namen Ursula getauft wurde. Von den sieben Mädchen dieser angesehenen Familie starben zwei als Kinder, drei wurden Klarissen, und das jüngste, Ursula, trat bei den Klarissen-Kapuzinerinnen in Citta di Castello ein.

Als Ursula vier Jahre alt war, starb die Mutter Teresa Mancini. Sie rief am Sterbebett ihre fünf noch lebenden Töchter zu sich und empfahl eine jede in eine der fünf Wunden Jesu, die kleine Ursula aber legte sie geistigerweise in die geöffnete Seitenwunde des Herrn, was für die spätere Heilige ungemein vielsagend ist, denn diese fühlte sich ihr ganzes spätere Leben lang auf’s innigste mit dem leidenden Heiland und seinem durchbohrten Herzen verbunden und durfte selbst nicht bloß die Wundmale des Herrn an ihrem Leib tragen, sondern in mystischer Weise auch die Durchbohrung des eigenen Herzens erleiden.

Schon in ihrer Kindheit bemerkte man an ihr ungewöhnliche Frömmigkeit und Anzeichen mystischer Begnadung. Mit sieben Jahren hatte sie eine Erscheinung des Heilands, der sie zum fleißigsten Betrachten seines Leidens aufforderte. Ursula fühlte sich von da an ganz stark zum leidenden Herrn hingezogen; das Mädchen legte sich, um das Leiden Jesu mit zu empfinden, Bußwerke aller Art auf. Am Lichtmeßtag 1670 schlug für die Zehnjährige die Gnadenstunde der Erstkommunion; sie fühlte sich dabei von einer solchen inneren Glut durchdrungen, daß sie auf dem Heimweg einfältig fragte, wie lange wohl diese innere Hitze andaure. Als man sich über diese Frage wunderte, merkte sie erst, daß sie einer besonderen Gnade gewürdigt wurde; sie hatte gemeint, es müßte jeder Mensch nach der heiligen Kommunion solche Glut verspüren. Sie trachtete von da an, so oft als nur möglich zur heiligen Kommunion zu gehen. Immer verspürte sie dabei ganz lebhaft die Gegenwart Christi in ihrem Herzen.

Mehr und mehr reifte in Ursula der Wunsch, die Welt zu verlassen und in einen Orden einzutreten. Ihr Gebet endete fast immer mit der klaren Erkenntnis: Der Heiland hat mich zu seiner Braut berufen. Als ihre älteren Schwestern bei den Klarissen in Mercatello eintraten, vergoß Ursula bittere Tränen, aber nicht wegen der Trennung, sondern wegen der Angst, sie müsse nun die ganze Sorge für den Haushalt übernehmen und dürfe den Vater nicht im Stich lassen. Der Vater war es auch, der sich gegen den Ordenseintritt seiner Tochter lange und heftig wehrte. Als er endlich nachgab, trat Ursula bei den als sehr streng geltenden Kapuzinerinnen in Citta di Castello ein. Am 28. Oktober 1677 wurde sie eingekleidet und erhielt den Ordensnamen Veronica. Am Allerheiligenfest 1678 durfte sie die Ordensprofeß ablegen. Sie lebte von da an in großer Bußstrenge und Leidensbereitschaft und durfte Christus durch viele äußere und innere Leiden immer ähnlicher werden. Bei aller mystischen Begnadung durch Ek-stasen und Visionen bewährte sie sich aber immer in ganz großer Demut und in vorbehaltlosem Gehorsam gegenüber ihren Seelenführern. Die vielen mystischen Gnaden hinderten sie nicht, alle ihr im Kloster anvertrauten Ämter, sie war 33 Jahre lang Novizenmeisterin und 11 Jahre Äbtissin, genau und gewissenhaft zu erfüllen.

Ihr außerordentliches geistliches Leben mit den vielen Ekstasen und Visionen beschrieb sie im Auftrag ihrer Seelenführer zuerst in fünf genauen autobiographischen Berichten und von 1693 an Tag für Tag in ihrem Tagebuch, das der Diener Gottes Annibale Maria di Francia, er starb 1927, mit vollem Recht einen „Tosoro nascosto“, einen verborgenen Schatz, genannt hat. Es seien nur die wichtigsten darin geschilderten Ereignisse herausgegriffen: Am 1. Januar 1694 zeigte ihr der Herr, daß sie sich durch Leiden auf die geheimnisvolle Vermählung mit ihm vorzubereiten habe. Am 27. März des gleichen Jahres geriet Veronica Giuliani in Ekstase und schaute den Herrn mit zahllosen Wunden bedeckt, die einen merkwürdigen Glanz verbreiteten, in seiner Seitenwunde strahlte ein wunderbarer Edelstein, der nach der Deutung des Herrn ihre eigenen Leiden, die sie so bereitwillig auf sich genommen hatte, versinnbildete. Bei diesem Anblick bat Veronica in großem Verlangen: „Mein Gott, nimm mich als Dein Schlachtopfer an. Ich will mit Dir gekreuzigt sein. Laß mich an all Deinen Schmerzen teil-nehmen, die Du für mich gelitten hast, doch auch darin will ich nur Deinen Willen und Dein Wohlgefallen.“ Am Palmsonntag, dem 4. April 1694, zeigte sich ihr der Herr mit einer großen Dornenkrone auf dem Haupt; sogleich bat Veronica Jesus, er möge ihr die Dornen schenken, denn sie hätte solche verdient. Der Heiland erfüllte ihr den Wunsch und setzte ihr die Dornenkrone auf’s Haupt. Den furchtbaren Kopfschmerz, woran Veronica von da an zu leiden hatte, fügte sie in strenger, harter Buße noch zahlreiche freigewählte Opfer hinzu.

Bei der heiligen Kommunion am Ostersonntag 1694 erlebte Veronica dann die mystische Vermählung mit dem Herrn. Sie bekannte: „Wenn ich alle Freudenfeste der Welt zusammennähme, so wäre dies wenig im Vergleich zu dem, was mein Herz in jenen Augenblicken erlebte.“ In den ersten Tagen des Monats Dezember 1696 offenbarte der Herr der heiligen Veronica, wie sehr ihm der große Undank der Menschen mißfalle. Sie sah ihn zu Tode betrübt, mit Striemen an seinem Leib, die Dornenkrone auf dem Haupt und mit einem schweren Kreuz beladen. Zu dieser und anderen ähnlichen Visionen, die der Heiligen gewährt wurden, meint L. die Fonzoin seiner Abhandlung über die Herz-Jesu-Verehrung in den franziskanischen Orden, Veronica Giuliani sei, wie der Name Veronica, „vera ikon“, sagt, ein wahres Abbild des Gekreuzigten geworden. Auch ihr klagte der Heiland über die große Undankbarkeit der Menschen gegen ihn. Darum lud der Herr sie ein, an seinem Leiden teilzunehmen, und er zeigte ihr den glühenden Feuerofen der Liebe, der sein Herz sei. Die Heilige aber weihte sich ganz ausdrücklich dem göttlichen Herzen Jesu. Als Lohn dafür empfing sie am Neujahrstag 1697 die Seitenwunde des Herrn. Am Karfreitag des gleichen Jahres wurden ihr auch dann die Wundmale an den Händen und Füßen eingeprägt. Im folgenden Jahr wurde Veronica für ihre Treue dem göttlichen Schmerzensmann gegenüber und für ihre Leidensbereitschaft belohnt, indem der Herr in einer Vision ihr Herz nahm und es in dem seinen verbarg, um ihr zu zeigen, wie sehr er sich in Liebe mit ihr eins fühle.

Wegen ihrer Stigmatisation hatte die heilige Veronica Giuliani auf kirchlichen Befehl schwere Prüfungen zu bestehen, wobei sich schließlich einwandfrei die Echtheit ihrer Stigmata und ihrer Visionen herausstellte. Sie stand zuletzt ganz groß da ob ihrer Demut und Bereitschaft zu völliger Gleichförmigkeit mit dem gekreuzigten Herrn. Ihm wollte sie ein Herz und eine Seele sein. Sie wurde mit dem Herrn schließlich auch in der Herrlichkeit eins, als sie am 9. Juli 1727 im Alter von 67 Jahren und im 50. Jahr ihres Ordenslebens starb. 1804 wurde sie selig- und 1839 heiliggesprochen.

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Rundbrief Nr. 27 vom 15. Dezember 2010

Heute schreibe ich Ihnen über den heiligen Michel Garico?ts


Geboren am 15. April 1797 in Ibarre. Gestorben am 14. Mai 1863 in Betharram.

Michel Garico?ts, Professor der Theologie, Regens des Priesterseminars, Gründer der Kongregation „Priester des Heiligsten Herzens Jesu“, 1947 heiliggesprochen; Fest: 14. Mai.


Das baskische Volk hat große Heilige hervorgebracht. Es sei nur an den heiligen Ignatius von Loyola, den Gründer des Jesuitenordens, erinnert. Der aus dem französischen Teil stammende Michel Garico?ts ist ihm nachgeraten. Dieser baskische Heilige gründete die Ordenskongregation der „Herz-Jesu-Priester von Betharram“ („Prêtres du Sacré Cœur de Jésus de Bétharram“) und darf deshalb und wegen seiner persönlichen Herz-Jesu-Frömmigkeit unter den heiligen Herz-Jesu-Verehrern genannt werden1). Michel Garico?ts wurde auf dem Höhepunkt der französischen Revolution, am 15. April 1797, im kleinen Dorf Ibarre (Departement Basse-Pyrenees) als erstes von fünf Kindern des Kleinlandwirts Arnold Garico?ts und der Graziana, geborene Etcheberry geboren. Die treu kirchlich gesinnten Eltern hatten während der grausamen Verfolgung Priester, die den Eid auf die laizistische Konstitution verweigert hatten und von denen manche für vogelfrei erklärt worden waren, versteckt und gerettet.

Nach der Volksschule in seinem Dorf war Michel Garico?ts Hüterbub zuerst für die Schafe und Ziegen seiner Eltern, dann für das Vieh eines reichen Gutsbesitzers in Oneix im Bezirk Saint-Palais. In diesen drei Jahren war in den stillen Stunden beim Viehhüten immer deutlicher der Ruf Gottes in ihm laut geworden, Priester zu werden. So trat er mit der Bitte, studieren zu dürfen, an seinen Vater heran. Dieser aber erklärte sich außerstande, finanziell das Studium ermöglichen zu können. Da half die Großmutter Catherine Etchelberry; sie ging zum Pfarrer von Sanit-Palais, Jean. B. Borda, den sie in der Zeit der Verfolgung mehrmals beherbergt hatte, und bat diesen, ihren 16jährigen Enkel Michel Garico?ts in sein Pfarrhaus aufzunehmen, um ihm Unterricht zu erteilen. Für Kost und Wohnung werde Michel Garico?ts die Dienste eines Hausknechtes leisten. Der Pfarrer ging darauf ein. Da sich Michel Garico?ts in echter Frömmigkeit und mit großem Fleiß als verheißungsvoll für den Priesterberuf erwies, vermittelte Pfarrer Borda den Jungen dann weiter in das Bischöfliche Palais in Bayonne, wo Michel Garico?ts als Kammerdiener eingesetzt wurde, zugleich aber weiterstudieren konnte. Hier fiel Michel Garico?ts Eignung zum Priesterberuf dem Bischofssekretär Honert auf, der ihm dann auf eigene Kosten den Aufenthalt im Knabenseminar zu Aire ermöglichte. Im Jahre 1819 durfte der Priesterkandidat in das Priesterseminar zu Dax eintreten und das Theologiestudium beginnen, das er mit der am 20. Dezember 1823 empfangenen Priesterweihe zum Abschluß bringen konnte. Schon am 1. Januar 1824 trat der Neupriester seinen ersten Kaplansposten in Cambo an, wo er mit großem Seeleneifer an die Arbeit ging und den Gläubigen die jansenistischen Vorurteile gegen die Herz-Jesu-Verehrung auszutreiben suchte. Schon zwei Jahre später, 1826, wurde Michel Garico?ts zum Philosophieprofessor, bald darauf zum Theologieprofessor und schließlich zum Regens im Priesterseminar in Betharram ernannt. In dieser Stellung blieb er auch, als die Priesterkandidaten in das Priesterseminar von Bayonne übersiedelten. So war Michel Garico?ts nun für die Seelsorge ganz frei. Am Sonntag feierte er für die Gläubigen zuerst in der Kirche von Betharram die heilige Messe. Dann ging er den vier Kilometer langen Weg zu Fuß nach Igon, wo die von der heiligen Elisabeth Bichier des Ages gegründeten „Schwestern vom Kreuz“ auf seine Ankunft warteten, um von ihm noch die heilige Kommunion zu empfangen. In Betharram lebte Michel Garico?ts ganz arm und anspruchslos. Nur einmal in der Woche kochte ihm eine ältere Frau in der ehemaligen Seminarküche eine magere Suppe, die für die ganze Woche reichte. Bei aller Armut und Bedürfnislosigkeit erwachte in ihm der Gedanke: Sollte man nicht die Schönheit, Erhabenheit und Fruchtbarkeit der Ganzhingabe an das göttliche Herz Jesu und die volle Selbsthinopferung durch die evangelischen Räte mit einer Gruppe von Männern und gleichgesinnten Priestern durchführen, um dem weithin entchristlichen Volk jene christlichen Tugenden vorzuleben, durch die die Menschen eine Kraftquelle für ein sinnerfülltes Leben finden könnten? Das wäre doch auch deshalb besonders nötig, weil auch der Klerus – wie Bischöfe unter Tränen klagten – sich angesteckt zeigte vom Ungeist der Revolution. So entstand in Michel Garico?ts der Plan, eine Gemeinschaft von Priestern zu gründen, die kein anderes Ziel haben solle als jenes, das der Gottmensch Jesus Christus in seinem liebeglühenden Herzen kannte: Vollständige Selbstverleugnung und radikale Gehorsamshingabe an den Willen des himmlischen Vaters. Die heilige Elisabeth Bichier des Ages (gestorben am 26.8.1838), die der nach Heiligkeit strebende Priester um ihren Rat fragte, ermunterte ihn zur Durchführung seines Plans. Im Gebet vor einem Marienbild empfing Michel Garico?ts nach weiterer Beratung mit einem Jesuiten und einem Bischof solche Erleuchtung und so starken Antrieb, daß er sich endgültig zur Ausführung des Planes entschloß. 1832 erfolgte die Gründung der Gemeinschaft der „Herz-Jesu-Priester von Betharram“ („Prêtres du Sacré Cœur de Jésus de Bétharram“) mit dem Ziel, diese Priester sollten im Geiste echter Herz-Jesu-Frömmigkeit für die Volks- und Heidenmission und für die Seelsorgeaushilfe2) zur Verfügung stehen. 1835 machten die ersten Priester der Gemeinschaft Exerzitien unter der Leitung des Heiligen. Über seine und seiner Kongregation eigene Spiritualität gibt am besten das Werk „Recueil de pensées du P. Garico?ts“ Aufschluß, das P. Etchecopar 1890 in Toulouse herausgab, der dabei die erhaltenen Konferenzvorträge und Briefe des Heiligen benutzte.

Im Jahre 1853 wurde Michel Garico?ts von schwerer Krankheit getroffen, von der er sich nie mehr recht erholte. Am 14. Mai 1863 holte ihn der Herr in sein himmlisches Reich heim. Die letzten Worte dieses Heiligen lauteten: „Miserere mei, Deus, secundum magnam misericordiaam Tuam!“ („Erbarme Dich meiner, o Gott, nach Deiner großen Barmherzigkeit!“) bei seinem Tod zählte die vom heiligen Michel Garico?ts gegründete Gemeinschaft der „Herz-Jesu-Priester von Betharram“ 100 Mitglieder. Mit Ausnahme der raschen Entfaltung dieser Ordensgemeinschaft in Argentinien war ihr zu Lebzeiten ihres Gründers keine weitere Entfaltung über das Baskenland hinaus vergönnt, weil der zuständige Bischof sie unbedingt in den Grenzen einer diözesanen Ordensgemeinschaft belassen wollte. Erst 1901 wurde sei päpstlichen Rechts und zählt heute rund 600 Mitglieder, die nicht bloß in Frankreich, Italien, Spanien und England im Sinne echter Herz-Jesu-Frömmigkeit wirken, sondern auch in Argentinien, Uruguay und Brasilien3).

Papst Pius XII. hat den frommen Herz-Jesu-Priester Michel Garico?ts am 6. Juli 1947 heiligge-sprochen, zusammen mit jener heiligen Frau und Ordensstifterin Elisabeth Bichier des Ages, bei der er sich gar manchmal guten Rat für seine Gründung geholt hatte.


) vgl. G. Bernoville, Un saint basque, le bienheureux Michel Garico?ts (Paris 1936; N Del Re, Michel Garico?ts, in: Bibliotheca Sanctorum IX/460-462; F. Baumann, Pius XII. Erhob sie auf die Altäre, S. 46-50.
) vgl. P. Mieyaà-G .Mourié, Orientaciones espirituales de san Michel Garico?ts (Buenos Aires 1947).
) vgl. N. Del Re, a.a.O.

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Rundbrief Nr. 28 vom 19. Mai 2011

Herz Jesu - bilde unser Herz nach Deinem Herzen!

Erwägungen von Pater. Franz Karl Banauch FSSP


„Ich wünsche Ihnen, daß Sie hier viele gute Priester ausbilden, Priester nach dem Herzen Jesu!“ Wie oft habe ich als Regens diese Worte schon von guten, gläubigen Seelen gehört oder gelesen, und bisweilen beschlich mich heimlich die Frage, ob es nicht doch vielleicht mehr eine fromme Phrase sei, über deren Inhalt man noch wenig nachgedacht hat. Darüber zu urteilen steht mir gewiß nicht zu. Ohne Zweifel aber handelt es sich dabei um den schönsten Wunsch, der an ein Priesterseminar ergehen kann: Daß die dort Ausgebildeten wahrhaft zu Priestern nach dem Herzen Jesu werden mögen. Das Wort Herz gehört wohl zu jenen Begriffen, die wir zwar häufig und wie selbstverständlich gebrauchen, deren großer innerer Reichtum uns aber vielfach entgeht. Ganz allgemein verwenden wir es ja als analogen Begriff, das heißt als ein Wort, das mehrere Bedeutungen umschließt, wobei gleichzeitig diese Bedeutungen miteinander in engem Zusammenhang stehen. Neben dem rein körperlichen Organ Herz, welches unseren Blutkreislauf beständig in Bewegung erhält, denken wir dabei auch an Gefühls- und Gemüthaftes, nicht zuletzt ist es aber auch gleichbedeutend mit dem inneren Antrieb geistigen Wollens unserer Seele.

Sowohl die Unterschiede als auch die gegenseitige Verwandtschaft dieser Bedeutungen liegen auf der Hand. Vor allem die Scheidung der ersten Bedeutung von den anderen bedarf keiner langen Erklärung. Niemand käme etwa auf die Idee, hartherzige Menschen mit einem Herzschrittmacher kurieren zu wollen. „Herz“ als Mitte des Gemüts ist neben dem körperlichen Organ wohl die gebräuchlichste Bedeutung und nimmt einen breiten Raum in unter-schiedlichster Literatur ein. Wenn wir aber etwa sagen, jemand solle „seinem Herzen einen Stoß geben“, dann rekurrieren wir eigentlich bereits an die dritte Bedeutung, denn hier geht es klar um eine überlegte Willensentscheidung. Wenn man seinem Herzen einen Stoß gibt, dann geht es eben nicht mehr um bloß Gefühlsmäßiges. Dann versucht sozusagen unser Verstand, unseren Willen zu überzeugen.

Allen diesen Bedeutungen von „Herz“ ist aber gemein, daß es um etwas ganz Zentrales geht, das, obwohl selbst im Verborgenen liegend, großen Einfluß auf alles andere rundherum ausübt. Es geht um ein geheimes Zentrum, von dem anderes abhängt. Im Fall des natürlichen Organs gilt das Herz daher als das Zeichen für das Leben des Organismus. Wenn das Herz schlägt, dann ist man lebendig, hat es einmal aufgehört zu schlagen, dann ist man entweder tot oder aber in allerhöchster Lebensgefahr. Ebenso zentral erscheint das „Herz“ für das Gefühlsleben oder aber, auf wesentlich höherer Ebene, als Mitte unseres Wollens. Gott allein (Sirach Kapitel 42, Vers 18) kennt die Absichten unserer Herzen, denn es ist wirklich das Innerste unseres Inneren. Auch wir selbst täuschen uns ja bisweilen über unsere geheimen Absichten und kennen unser Herz nicht bis ins letzte. Ja, wird im übrigen der Zusammenhang dieser verschiedenen Begriffsebenen von „Herz“ nicht allein schon darin deutlich, daß Bewegungen unseres Gemüts oder ein starkes Wollen unseres geistigen Herzens selbst das physische Herz in seinem Schlagen zu beschleunigen pflegen?

Was aber kann uns das alles über das Herz Jesu sagen? Wenn wir das Herz Jesu ansprechen, so gehören alle diese Bedeutungsebenen dazu, aber noch mehr als dies. Bei Jesus meint „Herz“ ebenso sein physisches Organ, das der an Seiner Brust lehnende Lieblingsjünger, schlagen hörte, das nach Seinem Tod mit der Lanze durchbohrt wurde, aus dem dann Blut und Wasser hervorquollen. In Seinem „Herzen“ wurde Er aber auch bewegt, als Er vom Tod des Lazarus hörte, und den Schmerz dessen Schwestern mitfühlte. Nicht weniger aber bedeutet Sein „Herz“ jenes Innerste seiner menschlichen Seele, aus dem Seine reine Absicht zur Erlösung der Menschen hervorging. Es ist der Inbegriff Seiner Erlöserliebe zu den Menschen. Seine menschliche Seele war ja zu innerst von höchster Liebe erfüllt. Wir dürfen aber nicht vergessen, daß in Ihm neben diesem menschlichen Wollen zuallererst aber noch das göttliche ewige Wollen der zweiten göttlichen Person lebendig ist. Nach dem dritten Konzil von Konstantinopel (681 nach Christus.) müssen wir in Christus ja sowohl einen göttlichen als auch einen menschlichen Willen unterscheiden, da Er ja wahrhaft und ganz Gott und wahrhaft und ganz Mensch ist. Niemals hat ein Widerspruch zwischen diesen beiden Willen in Ihm bestanden, aber beide sind voneinander verschieden in Ihm lebendig: Göttliches Wollen, das mit dem ewigen Wesen Gottes selbst in eins fällt und menschliches Wollen, das mit Seiner irdischen Existenz erst ins Leben trat. Dabei war Sein menschliches Wollen zeit seines irdischen Lebens gänzlich dem göttlichen Wollen untertan und gehorsam.

Wenn wir also das Herz Jesu anrufen, so dringt unser Ruf gewissermaßen durch sein leibliches Organ, das von der Lanze geöffnet worden ist, bis hin zu Seinem geistigen Herzen, zum Fühlen und Wollen Seiner menschlichen Seele, aber auch hin bis zum göttlichen Wollen. Die geöffnete Seite unseres Erlösers läßt uns vordringen bis in jenes innerste Heiligtum der Gottheit, die in geheimem Ratschluß das Heil der Menschen beschlossen hat, also bis hin zu jenem brennenden Dornbusch göttlicher Liebe, der als loderndes Feuer doch nie verzehrt wird.

Diese Überlegung über den Zusammenhang der unterschiedlichen Bedeutungen von „Herz“ ermöglicht uns eine Vielzahl von Glaubenserwägungen über das Heiligste Herz Jesu, die hier unmöglich alle ausgeführt werden können. Unergründlich sind die Tiefe und der Reichtum dieses Herzens. Kann es etwa noch überraschen, daß der Lieblingsjünger, der am Herzen des Herrn gelegen hat, Seinen Meister auch am tiefsten von allen Aposteln verstehen konnte? Daß er ausharrte bis zur Durchbohrung dieses Herzens am Kreuz? Daß er als adlergleicher Verfasser des vierten Evangeliums am tiefsten zur Gottheit jenes Zeichen durchdringen konnte und gleichzeitig in seinen Briefen zum Herold jenes verborgenen Gottes geworden ist, der die Liebe ist? Was aber muß jener Johannes am Herzen Jesu etwa wahrgenommen haben, als der Herr bei jener bedeutungsschweren Stunde des Abendmahles innerlich zutiefst bewegt ankündigte, daß einer von ihnen Ihn verraten werde? Er ist es aber auch, der uns von der Durchbohrung jenes Herzens berichtet, die Ausgangspunkt jeglicher Herz-Jesu-Mystik ist. „Ge-öffnet“ wurde Jesu Herz, wie es der Apostel und Evangelist bewußt formuliert. Gerade im Moment Seiner Lebenshingabe am Kreuz öffnet sich Sein Herz. Es eröffnet uns Zugang zu Ihm, zu Seinem Innersten. Es spricht zu uns von Seiner verströmenden Erlöserliebe. Es symbolisiert aber auch jenen Zugang zum innersten Heiligtum Gottes, der von aller Ewigkeit her und bis in alle Ewigkeit wesenhafte dreifaltige Liebe ist. Demjenigen, der wahrhaft zum Gekreuzigten aufblickt, schenkt Jesus somit Zugang zu Seinem Herzen, im umfassendsten Sinne des Wortes. Diese „Öffnung“ des Herzens Jesu darf uns aber auch nicht darüber hinweggehen lassen, daß es dabei nichts desto weniger um eine Herzens-Wunde geht. Sein Herz wurde durchbohrt. Und auch dieses Geschehen wollen wir auf dem Hintergrund der tiefschichtigen Bedeutung von „Herz“ erfassen.

Das Herz Gottes als jene geheimnisvolle, alles unendlich übersteigende Liebe ist ja vollkommen unverletzlich. Nichts kann Gott in Seiner Gottheit derart treffen, daß Er darunter leiden könnte. Dennoch ist jegliche Sünde der Geschöpfe, vom Aufbegehren Luzifers und von der Ursünde der Stammeltern bis hin zu den Sünden unserer Tage und jenen, die noch bis zum Ende der Welt geschehen werden, objektiv jeweils ein solcher Lanzenangriff auf das Herz Gottes. Man könnte sagen: Gott wird objektiv durch die Sünde beleidigt, ohne daß Er beleidigt wäre.

Für Gott wäre Leidensfähigkeit ein Zeichen der Unvollkommenheit, aber Gott hat die Torheit erwählt, um Seine verlorenen Kinder heimzuholen. So nahm Gott Sohn, die zweite göttliche Person, eine leidensfähige menschliche Natur an und wurde als Mensch geboren, um sich gewissermaßen jener zum Stoß erhobenen Lanze zu stellen. Nicht anders als durch ein schmerzhaftes Opfer wollte Er uns erlösen, um uns sowohl zu verdeutlichen, welch furchtbare Auflehnung die Sünde darstellt, als auch wie unendlich erhaben darüber die wiedergutmachende Liebe des von der Sünde getroffenen Gottes ist. Er, der in Seiner ewigen göttlichen Natur von der zustechenden Lanze nicht verwundet werden konnte, hielt ihr eine eben dafür angenommene menschliche Brust, ein Herz aus Fleisch entgegen. „Seht den Menschen!“, sprach Pilatus, als er der Menge den Gegeißelten vorführte. Ja, hätten wir nur einen klaren Blick für menschliches Leid, wir könnten durch das menschliche Leid bald auch hindurchsehen bis zu dem, was sich damals eigentlich ereignete: „Seht den verwundeten Gott!“, hätte Pilatus ausrufen können, hätte Er selbst Augen gehabt, um zu sehen. Die Durchbohrung des Herzens Jesu ist somit nicht bloß eine weitere schmerzhafte Verletzung, sie läßt uns vielmehr erahnen, wie das Herz des Gottmenschen in allen Dimensionen von der Schärfe der Sünde getroffen wird. Nach wie vor ist Er in seiner göttlichen Natur unverwundbar, aber seine menschliche Natur hat der Sohn in die Einheit Seiner Person derart aufgenommen, daß Er es wirklich selbst ist, der leidet, wenn auch „nur“ gemäß seiner menschlichen Natur. Er, der da litt, Er der Sein Herz durchbohren ließ, ist dennoch wahrer Gott. So offenbart uns das Herz Jesu die geheimnisvollsten und tiefsten Zusammenhänge der gottmenschlichen Verbindung in Jesus.

Gelitten hat vor allem Seine menschliche Seele, welche die physischen Schmerzen ebenso in sich aufnahm wie die seelischen, die vor allem die Bosheit der Sünde buchstäblich erlitt. So rein und heilig war Seine Seele, daß Er mehr unter dem zum Himmel schreienden Unrecht der Sünde litt als unter der persönlichen Zurücksetzung und Beleidigung, die Er Seiner Menschheit nach empfinden mußte. Und wie furchtbar war schon diese! Als Heilender, Tröstender, Aufrichtender, venn auch gleichzeitig Mahnender, war Er durch die Lande gezogen. Der Dank dafür ist der Ruf: „Ans Kreuz mit Ihm!“ Welch ein Schmerz aber vor allem, von den Allerliebsten im Stich gelassen zu werden. Seine Vertrautesten hatte er sich für die Stunde größter Verlassenheit in Gethsemane an die Seite gewünscht. Mußte ihr Schlafen angesichts Seiner bittersten Not Ihm nicht deren Nähe als noch größere innere Ferne erscheinen lassen? Hat dies Seine Verlassenheit nicht noch vergrößert? Schließlich der Verrat durch einen, den Er in die Auswahl Seiner Getreuesten berufen hatte. Und dennoch: Sein Herz verschloß sich vor keinem dieser Menschen. Ja, hätte Judas sich nicht in sich abgekapselt, er hätte Erbarmen am Herzen Jesu gefunden. Es ist wahr: Sein Verbrechen, wie auch unsere Sünden haben dieses Herz durchbohrt. Doch Er ließ es aus freiem Willen öffnen, und hervor trat der Lösepreis unserer Erlösung: Sein kostbares, vom Leben zeugendes und selbst Leben verschenkendes Blut und das Wasser der Reinigung im Sakrament der heiligen Taufe.

Ja, auch das menschliche Herz des Herrn zeugt von göttlicher Liebe, von göttlichem Erbarmen! Wir stehen vor dem unfaßbaren Geheimnis der menschgewordenen ewigen Liebe dessen, der die Liebe ist! Wehe dem, der sich nicht bloß vor der göttlichen Gerechtigkeit versteckt, sondern der sich auch der gewinnenden Liebe Seines Herzens zu entziehen trachtet! Christus drängt sich nicht auf, aber Er hält uns Seine geöffnete Seite entgegen. Treten wir hinzu, um diese weiter zu verwunden, oder treten wir hinzu, um aus Ihr jenes neue Leben zu empfangen, welches auch das physische Herz Jesu im Moment der Auferstehung erneut zum Schlagen brachte? Wie könnte man teilnahmslos bleiben angesichts des wunderbaren Geheimnisses Seines Herzens!

Das Priestertum, so sagte der heilige Pfarrer von Ars, dessen priesterliches Gedenkjahr zum Herz-Je-su-Fest im Jahre 2010 seinen Abschluß fand, ist die Liebe des Herzens Jesu. Möge dieses Herz tatsächlich erneut und mächtig schlagen im katholischen Priestertum, möge es dieses aus der selbst- und fremdverschuldeten Schmach, die gerade in diesem Jahr an’s Licht getreten ist, herausreißen. Möge das göttliche Herz auf übernatürliche Weise die Herzen von uns Priestern in Seinen Rhythmus bringen und ihnen Seine Gesinnung einfließen. Ja, möge Er Seiner Kirche tatsächlich Priester nach Seinem Herzen schenken!

Pater Franz Karl Banauch wurde am 19.09.1972 in Mödling, unweit von Wien, als drittes von vier Kindern geboren. Seinen Eltern verdankt er eine frühe und lebendige Verankerung im katholischen Glauben, sowie einen kritischen Blick auf verschiedene Strömungen in Gesellschaft und Kirche, die diesen Glauben in Theorie oder Praxis auszuhöhlen in Gefahr sind. Während seiner Jugend widmete er sich eine gewisse Zeit der Pfadfinderei, ehe der Gesang in einem Knabenchor ihr Konkurrenz machte. Die überlieferte Liturgie lernte er in den Jahren 1983 bis 1988 als Meßdiener bei der Priesterbruderschaft Sankt Pius der Zehnte kennen. Danach verfolgte er, mit zunächst noch geheim gehaltenem „Eintrittsinteresse“, die Gründung und erste Entwicklung der Priesterbruderschaft Sankt Petrus. Nach dem Abschluß des humanistischen Gymnasiums, ich hatte im Hinblick auf das Priestertum Altgriechisch, anstelle von Französisch gewählt, nicht wissend, daß ich später als Priester im internationalen Priesterseminar letzteres deutlich mehr gebrauchen würde, das ich dann mit Hilfe meiner französischen Mitbrüder zur Seminarzeit erlernen durfte, trat er 1991 in Wigratzbad ein, empfing nach und nach Tonsur, niedere Weihen und Subdiakonat durch den Augsburger Weihbischof Max Ziegelbauer, die Diakonatsweihe im Mai 1996 durch Bischof Wolfgang Haas, und die Priesterweihe am Vigiltag von Peter und Paul 1997 durch Erzbischof Bernard Jacqueline. Die ersten vier Jahre nach der Weihe kam Pater Banauch in der Schweiz zum Einsatz und begann später dort auf Geheiß der Oberen auch in der Katholischen Fakultät der Universität Fribourg weiterzustudieren. 2001 bis 2003 leitete er, zurück in Wigratzbad, das Spiritualitätsjahr und schloß im Herbst 2004 sein Studium mit dem kanonischen Lizentiat in Schwerpunkt Dogmatik ab. Danach ging es für zwei Jahre nach Köln, ehe er im Sommer 2006 zum Regens des Priesterseminars Sankt Petrus ernannt wurde, welche Aufgabe er gegenwärtig ausübt.

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Rundbrief Nr. 29 vom 15. Dezember 2011

Hymnus zum Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu


O sel’ger Urgrund allen Seins, Heiland der Welt, Herr Jesus Christ, du Licht von deines Vaters Licht und wahrer Gott vom wahren Gott.

Wie hat die Liebe dich gedrängt, daß du für uns den Tod erwählt. Du gibst das Leben uns zurück, das Adams Sünde uns geraubt.

Der Stoß der Lanze trifft dein Herz und Blut und Wasser tritt hervor, ein Quelle des Heils, der nie versiegt und aller Schöpfung Freude bringt.

Dir, Herr, sei Preis und Herrlichkeit, der uns sein Herz geöffnet hat, mit dir dem Vater und dem Geist durch alle Zeit und Ewigkeit. - Gerhard Stumpf

Jesus erschließt uns sein Herz

Aus der Enzyklika Pius’ XII. über die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu „Haurietis aquam“

Es ist gut, ein wenig die vielfältigen menschlichen und göttlichen Regungen unseres Heilands Jesus Christus betrachtend zu erwägen, die sein Herz im Lauf seines sterblichen Lebens teilnehmend widergespiegelt hat, die es jetzt widerspiegelt und für ewige Zeiten widerspiegeln wird. Zumal uns aus den Seiten des Evangeliums Licht entgegenstrahlt, von dem erleuchtet und gestärkt wir in das Heiligtum des göttlichen Herzens eintreten und zusammen mit dem Völkerapostel bewundern können „den überschwenglichen Reichtum der Gnade, Gottes, gemäß seiner Güte zu uns in Christus Jesus.“

Das liebende Herz Jesu beim Eintritt in die Welt

Eins mit der menschlichen und göttlichen Liebe schlägt das anbetungswürdige Herz Jesu Christi, seitdem die Jungfrau Maria jenes großmütige „Fiat“ gesprochen hat und das Wort Gottes, wie der Apostel bemerkt, „bei seinem Eintritt in die Welt spricht: Opfer und Gaben hast Du nicht gewollt, einen Leib aber hast Du mir geschaffen. An Brand- und Sündopfern hast Du kein Gefallen. Da sprach ich: Siehe, ich komme, wie in der Schriftrolle von mir geschrieben steht, um Deinen Willen zu erfüllen, o Gott Kraft dieses Willens sind wir durch die Hingabe des Leibes Christi ein für allemal geheiligt.“

Das liebende Herz Jesu unter den Menschen


Von Liebe wurde er in gleicher Weise bewegt, einer Liebe, die in vollster Übereinstimmung mit den Regungen seines menschlichen Willens und mit der göttlichen Liebe stand, wenn er im Hause von Nazareth himmlische Gespräche führte mit seiner vielgeliebten Mutter Maria und seinem Pflegevater Joseph, dem er in mühsamer Arbeit im Zimmermannshandwerk gehorsam half. Und jene Liebe, von der wir sprachen, trieb ihn zu seinen langen apostolischen Wanderungen; zu den ungezählten Wundern, durch die er Tote aus dem Jenseits zurückrief oder Kranken jeder Art die Gesundheit verlieh; zu den Mühen, die er auf sich nahm; zum Ertragen von Schweiß, Hunger und Durst; zu Nachtwachen, in denen er innig liebend zum himmlischen Vater betete; endlich zu den Reden, die er hielt, und den Gleichnissen, die er vorlegte und erklärte; zu jenen namentlich, die von der Barmherzigkeit handeln, wie die von der verlorenen Drachme, vom verirrten Schäflein, vom verlorenen Sohn; in allen diesen Taten und Worten offenbarte sich das Herz Gottes selbst, wie der heilige Gregor der Große bemerkt: „Lerne Gottes Herz kennen in den Worten Gottes, damit du mit brennenderem Eifer nach dem Ewigen strebest!“

Aber von noch innigerer Hingabe wurde das Herz Jesu Christi bewegt, wenn aus seinem Munde Worte kamen, die eine entflammte Liebe atmeten. So, um Beispiele vorzulegen, als er beim Anblick der ermüdeten und hungernden Volksscharen ausrief: „Mich erbarmt des Volkes!“ Und als er seine geliebte Stadt Jerusalem von Sünden verblendet und deshalb der äußeren Vernichtung preisgegeben sah, tat er den Ausspruch: „Jerusalem, Jerusalem! Du mordest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft wollte ich deine Kinder sammeln, wie eine Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel sammelt, und du hast nicht gewollt!“ Vor Liebe aber zu seinem Vater und vor heiliger Entrüstung schlug sein Herz, als er den gottwidrigen Handel im Tempel sah, dessen Schänder er mit den Worten schalt: „Es steht geschrieben: Mein Haus soll ein Bethaus heißen; ihr aber macht es zu einer Räuberhöhle.“

Doch vom Beben einer besonderen Liebe wurde sein Herz durchzittert, als er die Stunde der härtesten Qualen schon nahe bevorstehen sah und, in einem natürlichen Widerstreben gegen die anstürmenden Leiden und den Tod, ausrief: „Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber“; aber mit unbesiegbarer Liebe und tiefem Schmerz sprach er den Verräter, der ihn mit einem Kuß empfing, mit Worten an, die als letzte Einladung seines erbarmenden Herzens an den Freund erscheinen, der ihn in frevlerischer, treuloser und verhärteter Gesinnung den Henkern ausliefern wird: „Freund, wozu bist du gekommen? Mit einem Kuß verrätst du den Menschensohn?“

In Erbarmen und überaus großer Liebe sprach er zu den Frauen, die ihn beweinten, da er die unverdiente Kreuzesstrafe erdulden sollte: „Ihr Töchter Jerusalems, weint nicht über mich, sondern weint über euch selbst und über eure Kinder ...; denn wenn es so dem grünen Holz ergeht, was wird mit dem dürren geschehen?“

Das liebende Herz Jesu am Kreuz


Und endlich fühlte der göttliche Erlöser am Kreuz sein Herz in mannigfachen und tief gehenden Regungen erglühen, Regungen brennender Liebe, der Angst und Not, der Erbarmung, heißen Verlangens und verklärter Ruhe - Gefühle, die ihren klaren Ausdruck in den Worten finden: „Vater, verzeihe ihnen; sie wissen ja nicht, was sie tun“; „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ „Wahrlich, ich sage dir, heute noch wirst du bei mir im Paradiese sein“, „Mich dürstet“ „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist.“

Das liebende Herz Jesu und die Eucharistie


Wer aber könnte jene Regungen des göttlichen Herzens, Zeichen seiner unendlichen Liebe, würdig beschreiben, die er in den Augenblicken äußerte, als er den Menschen übergroße Gaben schenkte: Sich selbst im Geheimnis der Eucharistie, seine allerheiligste Mutter, die Mitteilung seines Priesteramts an uns Menschen?

Auch als Christus der Herr vor dem Letzten Abendmahl mit seinen Jüngern wußte, daß er das Sakrament seines Leibes und Blutes einsetzen würde, seines Blutes, durch dessen Vergießung der Neue Bund zu schließen war - hatte er sein Herz von mächtiger Bewegung erregt gefühlt, wie er es seinen Aposteln mit folgenden Worten zu erkennen gab: „Sehnlichst habe ich danach verlangt, dieses Ostermahl mit euch zu halten, bevor ich leide“; diese Empfindungen waren zweifellos noch stärker, als er „das Brot nahm, dankte, es brach und es ihnen reichte mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Andenken. Ebenso nahm er nach dem Mahle den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blute, das für euch vergossen wird.“

Man kann darum mit Recht behaupten: Die heilige Eucharistie, als Sakrament und als Opfer, deren eines er den Menschen mitteilt, deren anderes er aber selbst ständig darbringt „vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang“, und ebenso das Priestertum sind wirklich Geschenke des Heiligsten Herzens Jesu.

Das liebende Herz Jesu und die Mutter


Ein sehr kostbares Geschenk des heiligsten Herzens ist auch, wie wir sagten, Maria, die hehre Mutter Gottes und unser aller liebevollste Mutter. Sie, die ja unseren Heiland dem Fleische nach gebar und seine Gefährtin war bei der Rückführung der Kinder Evas zum göttlichen Gnadenleben, sie ist mit Recht als geistige Mutter des ganzen Menschengeschlechts gegrüßt worden. Im Hinblick darauf schreibt der heilige Augustinus über sie: „Ganz Mutter der Glieder des Heilandes, die wir sind, weil sie mitgewirkt hat in Liebe, daß Gläubige in der Kirche geboren würden, die Glieder jenes Hauptes sind.“

Das Liebende Herz Jesu und die Hingabe am Kreuz


Der unblutigen Gabe seiner selbst unter den Gestalten von Brot und Wein wollte unser Heiland Jesus Christus als besonderen Erweis seiner innigen und grenzenlosen Liebe das blutige Opfer des Kreuzes beifügen. Gerade durch diese Tat gab er das Beispiel jener erhabenen Huld, die er seinen Jüngern als höchstes Ziel der Liebe hingestellt hatte mit den Worten: „Eine größere Liebe hat niemand als wer sein Leben hingibt für seine Freunde.“ Darum offenbart die Liebe Jesu Christi, des Sohnes Gottes, durch das Opfer auf Golgotha klar und lichtvoll die Liebe Gottes selbst: „Wir haben die Liebe Gottes erkannt: Er hat sein Leben für uns dahingegeben; so sollen auch wir das Leben für die Brüder hingeben.“ Und wirklich ist unser göttlicher Heiland mehr durch die Liebe als die Gewalt der Henker ans Kreuz geheftet worden; sein freiwilliges Ganzopfer ist das hochwertigste Geschenk, das er jedem einzelnen Menschen gab nach dem ausdrucksvoll kurzen Wort des Apostels: „Er hat mich geliebt und sich für mich hingeopfert.“

Das liebende Herz Jesu und der Bund mit seiner Kirche


Es kann darum kein Zweifel bestehen, daß das Heiligste Herz Jesu, zuinnerst teilhaftig des Lebens des menschgewordenen Wortes und sogar angenommenes Werkzeug der Gottheit, nicht weniger als die übrigen Organe der menschlichen Natur bei der Ausführung der Werke der göttlichen Gnade und der göttlichen Allmacht - daß dieses Herz auch das rechtmäßige Sinnbild jener unermeßlichen Liebe ist, aus der unser Erlöser durch Vergießung seines Blutes den geheimnisvollen Ehebund mit der Kirche einging: „Aus Liebe hat er für die ihm als Braut zu verbindende Kirche gelitten.“ Aus dem verwundeten Herzen des Erlösers also ist die Kirche, die Handreicherin des Blutes der Erlösung, geboren, und aus demselben ist die Gnade der Sakramente, aus der die Kinder der Kirche das übernatürliche Leben schöpfen, überreich geflossen, wie wir in der heiligen Liturgie lesen: „Aus der Herzenswunde wird die Christus verbundene Kirche geboren ... aus dem Herzen Christi ergießt sich Gnade in Fülle.“

Über die Bedeutung dieses Sinnbilds, das auch den alten Vätern und Schriftstellern der Kirche nicht unbekannt war, schreibt der Doctor Communis, heiliger Thomas, wie als Widerhall ihrer Worte: „Aus der Seite Christi floß das Wasser zur Waschung, das Blut aber zur Erlösung. Und darum gehört das Blut zum Sakrament der Eucharistie, das Wasser aber zum Sakrament der Taufe; diese hat jedoch ihre reinwaschende Kraft aus der Kraft des Blutes Christi.“ Was hier über die vom Soldaten verwundete und geöffnete Seite Christi geschrieben wird, gilt ebenso vom Herzen, das die Lanze in ihrem Stoß berührte, da der Soldat sie ja geführt hatte, damit der Tod Jesu Christi des Gekreuzigten mit Sicherheit feststände. Darum ist die Wunde des Heiligsten Herzens Jesu, auch nach seinem Tode, durch die Jahrhunderte ein lebendiges Bild jener freien Tat der Liebe, mit der Gott seinen Eingeborenen Sohn hingab zur Erlösung der Menschen, und mit der Christus uns alle so sehr geliebt hat, daß er sich für uns auf Kalvaria zum blutigen Opfer hingab: „Christus hat uns geliebt und sich für uns Gott als Opfergabe hingegeben zum lieblichen Wohlgeruch.“

Das liebende Herz Jesu im Glanz der ewigen Glorie

Nachdem unser Heiland mit dem im Glanz der ewigen Glorie erstrahlenden Leib zum Himmel aufgefahren ist und zur Rechten des Vaters sitzt, hat er nicht aufgehört, in glühender Liebe, in der auch sein Herz schlägt, mit der Kirche, seiner Braut, zu sein. Er trägt ja an den Händen, den Füßen und der Seite die leuchtenden Wundmale, die seinen dreifachen Sieg über Satan, Sünde und Tod darstellen; und ebenso besitzt er in seinem Herzen, wie in einem kostbaren Schrein geborgen, jene unermeßlichen Schätze von Verdiensten, die Früchte des gleichen dreifachen Triumphes, die er dem erlösten Menschengeschlecht freigebig mitteilt eine trostvolle Wahrheit, die der Völkerapostel mit folgenden Worten bezeugt: „Er stieg hinauf zur Höhe, führte Gefangene mit sich und teilte den Menschen Gaben aus ... Der herabstieg, ist es auch, der hinaufstieg über alle Himmel, um das All zu seiner Erfüllung zu bringen.“

Das liebende Herz Jesu und die Sendung des Heiligen Geistes


Das Geschenk des Heiligen Geistes, den Jüngern gesandt, ist das erste leuchtende Zeichen seiner freigebigen Liebe nach seiner sieghaften Auffahrt zur Rechten des Vaters: Nach zehn Tagen stieg der Tröster-Geist als Gabe des himmlischen Vaters auf sie, im Abendmahlsaal versammelt, herab, wie er es beim Letzten Abendmahl versprochen hatte: „Ich will den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der in Ewigkeit bei euch bleiben soll. „Dieser Tröster-Geist nun, die personhafte gegenseitige Liebe des Vaters zum Sohn und des Sohnes zum Vater, wird von beiden gesandt und gießt in der Gestalt von Feuerzungen in ihre Herzen die Fülle göttlicher Liebe und der übrigen himmlischen Gnadengaben. Die Eingießung dieser göttlichen Liebe geschah auch von dem Herzen unseres Heilandes aus, „in dem alle Schätze der Weisheit und Wissenschaft verborgen sind.“

Das liebende Herz Jesu und die Ausbreitung der Kirche


Es ist ja diese Liebe ein Geschenk des Herzens Jesu und seines Geistes; und er ist der Geist des Vaters und des Sohnes, von dem der Ursprung der Kirche und ihre wunderbare Ausbreitung zu allen Heidenvölkern ausgeht, zu der Heidenwelt, die Götzendienst, Bruderhaß, Sittenverderbnis und Gewalttätigkeit befleckt hatten. Diese göttliche Liebe ist das kostbarste Geschenk des Herzens Christi und seines Geistes; sie rüstete die Apostel und Blutzeugen mit jener Tapferkeit aus, in deren Kraft sie gekämpft haben bis zum Tod, einem Tod nach Heldenart, um die Wahrheit des Evangeliums zu verkünden und mit ihrem Blut zu bezeugen; sie erfüllte die Kirchenlehrer mit einem wahren Feuereifer, den katholischen Glauben klarzulegen und zu verteidigen; sie nährte die Tugend der Bekenner und eiferte diese an zu höchst zweckmäßigen und bewundernswerten Werken, die ihrem eigenen und der übrigen ewigem und zeitlichem Heil dienen sollten; sie legte endlich den Jungfrauen nahe, freiwillig und hochgemut auf Sinnengenuß zu verzichten und sich ganz der Liebe des himmlischen Bräutigams zu weihen.

Zur Verherrlichung dieser göttlichen Liebe, die aus dem Herzen des fleischgewordenen Wortes strömt und durch das Wirken des Heiligen Geistes in die Herzen aller Gläubigen eingegossen wird, stimmte der Völkerapostel jenen Siegeshymnus an, der den Triumph Jesu Christi, des Hauptes, wie der Glieder seines geheimnisvollen Leibes über alles das preisen sollte, was der Errichtung des göttlichen Reiches der Liebe irgendwie hinderlich sein sollte: „Wer ... vermag uns zu scheiden von der Liebe Christi? Etwa Trübsal, Bedrängnis, Verfolgung, Hunger, Blöße, Gefahr oder Schwert? ... Aber in all dem bleiben wir siegreich durch den, der uns geliebt hat. Ich bin überzeugt: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Herrschaften, noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Mächte, weder Hohes noch Niederes noch sonst etwas Erschaffenes wird uns scheiden können von der Liebe Gottes, die da ist in Christus Jesus, unserem Herrn.“

Das liebende Herz Jesu als Quelle der göttlichen Liebe


Nichts also steht im Wege, das Heiligste Herz Jesu Christi anzubeten, da es ja teilhaft und ein natürliches, tief bezeichnendes Sinnbild jener unerschöpflichen Liebe ist, von der unser göttlicher Erlöser immer noch zu allen Menschen brennt. Wenn es nunmehr auch den Erschütterungen dieses sterblichen Lebens nicht mehr unterworfen ist, so lebt es doch und schlägt und ist unlösbar verbunden mit der Person des Göttlichen Wortes und in ihr und durch sie mit seinem göttlichen Willen.

Weil deshalb das Herz Christi überfließt von göttlicher und menschlicher Liebe, und weil es überreich ist an allen Gnadenschätzen, die unser Erlöser durch sein Leben, sein Leiden und seinen Tod erworben hat, ist es wahrlich eine Quelle jener ewigen Liebe, die sein Geist in alle Glieder seines mystischen Leibes einströmen läßt.

Die Anbetung des liebenden Herzens Jesu


Das Herz unseres Heilandes gibt also irgendwie ein Bild der göttlichen Person des Wortes wieder, ebenso der doppelten, menschlichen und göttlichen Natur; und in ihm können wir nicht nur das Sinnbild, sondern auch die Zusammenfassung des ganzen Geheimnisses unserer Erlösung erblicken. Wenn wir das Heiligste Herz Jesu Christi anbeten, so beten wir in ihm und durch es die ungeschaffene Liebe des Göttlichen Wortes, wie zugleich seine menschliche Liebe, seine übrigen Gesinnungen und Tugenden an, da ja diese zweifache Liebe unseren Heiland bewog, sich für uns und die ganze Kirche, seine Braut, hinzuopfern nach dem Worte des Apostels:

„Christus hat die Kirche geliebt und sich für sie dahingegeben, um sie durch das Wort des Lebens in der Wassertaufe zu reinigen und zu heiligen. So wollte er sich eine herrliche Kirche bereiten, ohne Flecken, ohne Runzeln oder sonst etwas dergleichen, sondern heilig und makellos.“

Die Liebe des Herzens Jesu hört nie auf


Wie Christus die Kirche geliebt hat, so liebt er sie immer noch inbrünstig ... Die Gebete, die seiner unerschöpflichen Liebe entstammen und zum Vater emporsteigen, finden niemals eine Unterbrechung.

Wie „in den Tagen seines Erdenlebens“, fleht er nun, im Himmel triumphierend, den himmlischen Vater mit gleicher Wirkung an; und ihm, der „die Welt so sehr geliebt hat, daß er seinen eingeborenen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern das ewige Leben habe“, zeigt er sein lebendiges Herz, wie verwundet und von noch stärkerer Liebe glühend, als da es leblos von der Lanze des römischen Soldaten verwundet wurde: „Darum ist es, dein Herz, verwundet, damit wir durch die sichtbare Wunde die unsichtbare Wunde der Liebe sehen.“

Deshalb besteht kein Zweifel, daß der himmlische Vater, „der auch seines eigenen Sohnes nicht schonte, sondern für uns alle ihn dahingab“, von einem so mächtigen Fürsprecher mit so stürmischer Liebe angegangen, durch ihn jederzeit die reiche Fülle göttlicher Gnaden auf die ganze Menschheit wird herniederströmen lassen.

Am 19. Juni 1675 kniete die heilige Margareta Maria Alacoque in Paray-le-Monial vor dem Allerheiligsten. Jesus erschien ihr und zeigte ihr sein Herz. Er sagte: ,,Sieh hier das Herz, das die Menschen so sehr liebt ... und als Dank empfange ich von den meisten Menschen nur Kälte, Unehrerbietigkeit, Verachtung und Sakrilegien in diesem Sakrament der Liebe ... Darum verlange Ich von dir, daß der erste Freitag nach der Fronleichnamsoktav ein besonderer Festtag zur Verehrung Meines Herzens werde; daß man an dem Tage sich dem heiligen Tische nahe, und einen Ehrenersatz leiste, zur Sühnung all der Beleidigungen, welche Meinem Herzen, seit es auf den Altären weilt, zugefügt wurden, und ich verspreche Dir, daß mein Herz diejenigen im reichsten Maße den Einfluß seiner Liebe fühlen lassen wird, die es verehren, und die sorgen, daß es auch von anderen verehrt werde.“

Wie in jedem Jahr möchte ich Sie auch heute an den 28. Dezember erinnern, den Tag der Unschuldigen Kinder, besonders für diese zu beten, die aus irgendeinem Grund nicht geboren werden dürfen.

Ich wünsche Ihnen eine frohe und besinnliche Advents- und Weihnachtszeit und alles Gute für das Jahr 2012. Mit herzlichem Gruß Ihr Heribert Immel. Herz-Jesu-Familie.

Jesus erschließt uns sein Herz
Aus der Enzyklika Pius’ XII. über die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu „Haurietis aquam“

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Rundbrief Nr. 30 vom 22. Mai 2012


Die selige Maria Josepha Sancho de Guerra -
Die heilige Maria Josepha Sancho de Guerra -
Der heilige Bonaventura


Diese Spanierin wurde am 7. September 1842 in Vitoria in Spanien als Kind armer Eltern geboren. Die Armut der Familie wurde noch größer, als Maria Josepha, so war das Mädchen bei der heiligen Taufe genannt worden, mit zehn Jahren durch den Tod den Vater verlor und nun auf der Mutter allein die Sorge um das Kind und seine Erziehung lastete. Das Mädchen liebte die Einsamkeit und floh die Gesellschaft mit Gleichaltrigen und sehnte sich schon früh danach, ihr Leben Gott im Ordensstand zu weihen. Nach einer Zeit der Ungewißheit, für welchen Orden sich Maria entscheiden sollte, und nach Überwindung einer schweren Krankheit, entschloß sie sich für die der Krankenpflege gewidmeten Kongregation der Dienerrinnen Mariens, eine Gemeinschaft, die 1851 von der seligen Soledad Torres Acosta gegründet worden war

Am 3. Dezember 1865 begann Maria Josepha mit 23 Jahren das Noviziat in Chamberi, Erzdiözese Madrid. Sie wurde vom Geist, der in dieser Kongregation herrschte, nicht besonders beeindruckt, dennoch legte sie auf den Rat des heiligen Antonius Maria Claret am 15. Februar 1867 die Profeß ab. Die Zweifel, ob sie die richtige, für sie geeignete Gemeinschaft erwählt hätte, blieben auch nach vorgenommener Profeß. Nach langen Überlegungen und Beratungen mit entsprechenden Persönlichkeiten entschied sich Schwester Maria Josepha schließlich, die Kongregation der Dienerinnen Marias nach erlangter Erlaubnis zu verlassen. Zusammen mit ihr schieden damals zwei weitere Schwestern und bald darauf nochmals zwei aus der Kongregation der Dienerinnen Mariens, Helferinnen der Kranken, aus und schlossen sich zu einer neuen Gemeinschaft zusammen, die die gleiche Zielsetzung, nämlich Krankenpflege, vor allem Hauskrankenpflege, hatte, aber von einem strengeren Geist, verstärktem Gebetsleben und härterer Askese erfüllt sein sollte

Nach Anhörung des Bischofs von Vitoria wurde mit Hilfe des Priesters Mariano de Ibargu-engoitia am 9. Juli 1874 das neue Institut mit dem Namen „Dienerinnen Jesu der Liebe“ errichtet. Er erhielt am 3. August 1880 die definitive Bestätigung durch den Apostolischen Stuhl. Schwester Maria Josepha, die sich nun Schwester Maria vom Herzen Jesu nannte, wurde Generaloberin der Ordensgemeinschaft und blieb in ihrem Amt bis an’s Ende ihres Lebens
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Sie sorgte sich überaus umsichtig um Wachstum und Ausbreitung der Kongregation, die noch zu ihren Lebzeiten der Gründerin in 42 Häusern, darunter eines in Chile, mit gut ausgebildeten Schwestern segensreich zum Wohl der Kranken und Sterbenden wirkte.

Die Gründerin selbst und ihre geistlichen Töchter waren beeindruckend und spürbar erfüllt von gesunder Spiritualität, die charakterisiert war durch große, opferbereite Gottesliebe und selbstlose Liebe zu den Kranken, in denen Schwester Maria vom Herzen Jesu immer den leideneden Herrn sah, dem sie mit ihren geistlichen Töchtern dienen durfte.

Auch zarte Liebe zur jungfräulichen Gottesmutter zeichnete Schwester Maria vom Herzen Jesu aus, desgleichen eine rührende Ergebung in den heiligen Willen Gottes, als sie 1894 von einer schweren Krankheit befallen wurde, die zu ihrem heiligmäßigen Tod am 20. März 1912 in Bilbao führte.


Seliggesprochen: 27. September 1992

Rundbrief Nr. 30 vom 22. Mai 2012
Die heilige Maria Josepha Sancho de Guerra


Papst Johannes Paul II. hat Schwester Maria vom Herzen Jesu Sancho de Guerra am 27. September 1992 in Rom selig gesprochen.

Heilige Maria vom Herzen Jesu SdJ – mit bürgerlichem Namen: Maria Josepha Sancho de Guerra

Das Leben dieser heiligen Ordensgründerin ist anläßlich ihrer Seligsprechung am 27. September 1992 im Werk „Die neuen Heiligen der katholischen Kirche“ – Band 4 – Seite 26-27 beschrieben worden. Hier nur sei nur noch aus der Papstansprache zitiert, die Papst Johannes Paul II. bei der Heiligsprechungsfeier am 1. Oktober 2000 in Rom gehalten hat:

Gott erwählt sich zu allen Zeiten Menschen, um seine Liebe zu den Menschen kundzutun, ruft Institutionen in’s Leben, die dazu bestimmt sind, zu bevorzugten Werkzeugen seines Wirkens zu werden. So geschah es bei der heiligen Maria Josepha del Corazion de Jesus Sancho Guerra, der Gründerin der „Barmherzigen Schwestern Dienerinnen Jesu.“

Im Leben der neuen Heiligen, der ersten Baskin, die heiliggesprochen wird, zeigt sich auf einzigartige Weise das Wirken des Geistes. Er veranlaßte sie dazu, sich in den Dienst an den Kranken zu stellen, und bereitete sie darauf vor, zur Mutter einer neuen religiösen Kongreration zu werden.

Die heilige Maria Josepha lebte ihre Berufung als wahrhaftiger Apostel im Bereich des Gesund-heitswesen, denn ihre Art der Betreuung wollte die Aufmerksamkeit für das Materielle und das Geistliche miteinander verbinden, wobei sie mit allen Mitteln nach dem Heil der ihr anvertrauten Seelen strebte. Trotz der Krankheit, an der sie in der letzten zwölf Jahren ihres Lebens litt, scheute sie keine Mühen und Leiden und widmete sich voll und ganz dem karitativen Dienst am Kranken in einem Klima kontemplativen Geistes. Sie erinnerte daran, daß die Pflege nicht nur darin besteht, dem Kranken Medizin und Nahrung zu geben. Vielmehr gibt es eine andere Art der Pflege – nämlich jene des Herzens, in dem man versucht, sich an den leidenden Menschen auszurichten.

Das Beispiel und die Fürsprache der heiligen Maria Josepha del Corazon de Jesus mögen dem baskischen Volk dabei helfen, für immer von der Gewalt Abstand zu nehmen. Das Baskenland werde zu einem gesegneten Land und einem Ort friedvollen und brüderlichen Zusammenlebens, wo stets die Rechte aller Menschen respektiert werden und niemals das Blut unschuldiger Menschen vergossen werden möge. - Heiligsprechung: 1. Oktober 2000 - Gedenktag: 20. März


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Rundbrief Nr. 30 vom 22. Mai 2012
Der heilige Bonaventura

Der heilige Franz von Assisi, gestorben 1226, glühte von mitleidsvoller Liebe zum gekreuzigten Heiland und pflegte darum, wie uns sein erster Biograph, der selige Thomas von Celano, gestorben um 1260, in der „Vita prima sancti Francisi“1) berichtet, die Betrachtung der Wundmale Christi, voran die der Seitenwunde. Gleichsam zum Lohn dafür wurden diese Wundmale dem heiligen Franz von Assisi selber bei seiner Stigmatisierung auf dem Alverna-Berg2) eingeprägt. Von der Seitenwunde Christi wäre für Franziskus an sich kein großer Schritt mehr nötig gewesen, um zum Herzen Jesu vorzudringen. Er tat diesen Schritt jedoch nicht mehr; jedenfalls ist uns im Schrifttum des heiligen Franziskus nirgendwo ein Hinweis auf das Herz Jesu überliefert. Wohl aber tat diesen Schritt von der Seitenwunde Christi zum Herzen Jesu der heilige Bonaventura, der große Theologe in der Jüngerschaft des heiligen Franziskus.

Der 1221 in Bagnoreggio bei Viterbo, Italien, geborene Franziskaner-Theologe, der sich schon als Professor an der Pariser Universität den Ehrentitel eines „Doctor seraphicus“ erwarb, weil er, den Seraphim gleich, von Liebe glühte und seine wissenschaftlichen Spekulationen aus der Tiefe mystischer Frömmigkeit anstellte, könnte mit mindestens dem gleichen Recht wie Ubertino da Casale, gestorben 1330, der Verfasser des „Arbor Vitae Crucifixae Jesu“, auch „Doctor Cordis Jesu“ genannt werden. Daher läßt ihn die Kirche auch als einzigen Heiligen im Stundengebet am Herz-Jesu-Fest zu Wort kommen in einer seiner mystischen Schrift „Lignum vitae“ „Holz des Lebens“ entnommenen Lesung:

„Betrachte, du erlöster Mensch, wer es ist, der für dich am Kreuze hängt, wie groß und heilig der ist, dessen Tod die Toten lebendig macht, bei dessen Hinübergang Himmel und Erde trauerten und harte Felsen zersprangen. Aus der Seite des am Kreuz entschlafenen Christus sollte die Kirche gebildet werden, und es sollte sich die Schrift erfüllen: „Sie werden aufschauen zu dem, den sie durchbohrt haben.“ Darum verfügte Gott, daß einer der Soldaten diese Seite durchbohrte und öffnete. Blut und Wasser flossen heraus, der Lösepreis unseres Heils. Aus-gegossen aus dem Quell, dem Allerheiligsten des Herzens, sollte dieser Preis den Sakramenten der Kirche die Kraft geben, das Leben der Gnade zu gewähren. Den bereits in Christus Lebenden sollte er der Becher lebendigen Wassers für das ewige Leben sein. Eile hin zu diesem Quell des Lebens und es Lichtes mit lebendigem Verlangen, du gottliebende Seele, wer immer du bist, und rufe zu ihm mit der innersten Kraft des Herzens: Du unsagbare Schönheit des höchsten Gottes, du reinster Abglanz des ewigen Lichtes, du Leben, das allem Leben das Leben verleiht...“

Gleich am Anfang seines ersten und bedeutendsten theologischen Werkes, das Sentenzenkom-mentars3), schrieb der heilige Bonaventura über das Herz Jesu, es sei von so ergreifender Zärtlichkeit gegen uns Menschen erfüllt gewesen, daß es ihn gar nicht schwer dünkte, die furchtbarste und grausamste Art des Todes für uns auf sich zu nehmen. („...Dulcissimum enim Cor Jesu Christi tanta circa nos afficiebatur teneritudine amoris, ut non videretur ei grave pro nobis sustinere extremum et acerbissimum genus mortis.“)

In den beiden dem geistlichen Leben gewidmeten kleineren Werken „Lignum vitae“ („Holz des Lebens“) und „Vitis mystica“ („Mystischer Weinstock“) weist der heilige Benoventura mehrmals sehr eindringlich auf den kostbaren Schatz des göttlichen Herzens Jesu hin. Dieses Herz ist dem „Doctor seraphicus“ vielsagendes Symbol jener Erlöserliebe, die noch vor der Lanze des römischen Hauptmanns das Innerste dieses Herzens durchbohrt hat. Die äußere, sichtbare Durchbohrung des Herzens Jesu war nach Bonaventura dazu bestimmt, daß wir durch die sichtbare Wunde die unsichtbare Wunde der Liebe sehen können („ut per vulnus vi-sibile vulnus amorisinvisibile videamus...“)4)


Die Liebe im Herzen des Gottmenschen ist eine vollkommene, totale und dauernd neue Liebe5), darum muß von gleicher Art auch die Liebe der Menschen zu Christus sein, und nichts anderes kann das eigentliche Ziel der Herz-Jesu-Verehrung sein, als das Herz Jesu wieder zu lieben. „Wer könnte dieses verwundete Herz nicht lieben? Wer könnte einem solchen Liebhaber nicht entsprechende Gegenliebe entgegenbringen?“ („Quis illud Cor tam vulneratum non diligat? Quis tam amantem non redamet?”)6) Die Verehrung des Herzens Jesu sollte bei uns Menschen, von ganz großer Gegenliebe zu ihm durchdrungen und von ihm immer mehr gereinigt zu werden und dann alle Tage des Lebens in diesem Herzen zu wohnen, um ihm dem Willen nach ganz gleichförmig zu werden. („ ...ut purificatus per Te, ad Te purissimum possim accedere et in Corde Tuo omnibus diebus vitae meae merear habitare et videre simul et facere voluntatem Tuam...“)7) „O wie gut und angenehm ist es, in diesem Herzen zu wohnen! Ein guter Schatz, eine kostbare Perle ist Dein Herz, bester Jesus!“ („O quam bonum et jucundum habitare in Corde hoc! Bonus thesaurus, pretiosa margarita Cor Tuum, optime Jesus!“)8)


Wenn man alle Aussprüche des heiligen Bonaventura über das Herz Jesu überdenkt, erkennt man, daß bei ihm im Ansatz schon all das vorhanden ist, was dann bei den großen Mystikerinnen von Helfta, bei der heiligen Mechthild von Hackeborn (gestorben 1289) und der heiligen Gertrud (gestorben 1302) und vor allem bei der heiligen Margareta Maria Alacoque, in ausdrücklichen Formulierungen kundgetan wird über den Gegenstand und die segensvollen Früchte der Herz-Jesu-Verehrung.

In seinem Werk „De perfectione vitae ad Sorores“ sagt der heilige Bonaventura zu einer Schwester: „Tritt also, o Magd, mit der ganzen Glut deiner Liebe und Hingabe zum verwundeten Jesus hin... und lege nicht nur deinen Finger in die Wundmale der Nägel..., sondern tritt ganz und gar durch die Tür der Seitenwunde zum Herzen Jesu selber hin!“ („Accede ergo tu, o famula, pedibus affectionum tuarum ad Jesum vulneratum..., non solum mitte digitum tuum in locum clavorum ..., sed totaliter per ostinum lateris ingredere ad Cor ipsius Jesu“...)

Der heilige Bonaventura – Seite 88
) Thomas v. Celano, Vita prima sancti Francisci, n. 71.
) vgl. Th. v. Celano, a.a.O., n 112-113.
) In I Sent., Prooemium, Opera omnia Vol. 10.
) Vitis mystica III/5, Opera omnia VIII/164.
) Vitis mystica III/5-6, Opera omnia VIII/164-165.
) Vitis mystica III/6, Opera omnia VIII/165.
) Vitis mystica III/4, Opera omnia VIII/164 a.
) Vitis mystica III/3, Opera omnia VIII/163 b.


Seliggesprochen: Unbekannt

Heiliggesprochen: 1482

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Rundbrief Nr. 31 vom 15. Dezember 2012 - Advent

Herz-Jesu-Jahr 2013


Sehr geehrtes Mitglied der Herz-Jesu-Familie

Für das Jahr 2013 habe ich mir vorgenommen, jeden Monat eine Heilige oder einen Heiligen zu beschreiben, die das Heiligste Herz Jesu besonders verehrt haben. Jedoch sind diese Beiträge nur im Internet auf meine Homepage zu finden.
Das Jahr 2013 widme ich besonders der Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu. Ich bitte Sie, dabei mitzuhelfen und das Heiligste Herz Jesu noch mehr zu verehren. Das Herz-Jesu-Jahr, das nur für meine Herz-Jesu-Familie gilt, beginnt am 1. Januar 2013 und endet am 31. Dezember 2013.

Margareta Maria Alacoque, Schülerin des Herzens Jesu

Am 16. Oktober ist der Gedenktag der heiligen Margareta Maria Alacoque, der unermüdlichsten Streiterin für die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu, der wir so viele Segnungen und Offenbarungen verdanken. Wie es schon in den vergangenen Artikeln zu lesen war, gibt es die Herz-Jesu-Verehrung schon sehr lange. Das hochheilige Paar Josef und Maria, der Jünger Johannes haben alle besonders innige Beziehungen zum Herzen Jesu gehabt und sind durch seine Liebe geformt worden und gewachsen. Auch viele andere bekannte Heilige, Franz von Assisi oder Franz von Sales, widmeten dem Heiligsten Herzen Jesu viel Aufmerksamkeit. Die eindringlichsten Offenbarungen aber ergingen an die heilige Margareta Maria Alacoque, und der Zeitpunkt ihrer Übermittlungen stellt dem Betrachter die göttliche Weisheit vor Augen: Und da plötzlich setzt Gott ein machtvolles Zeichen, gießt über seinen geplagten Geschöpfen erneut das Licht seiner Gnade aus indem er ihnen das Herz seines innig geliebten Sohnes auf’s neue zugänglich macht. Für die Bereitschaft der heiligen Margareta Maria Alacoque‚ diese Sendung auf sich zu nehmen, gibt es keinen würdigere Dankesbezeugung als ihren Worten, die aus dem Willen des Heilandes flossen, zu entsprechen. Am 17. Oktober 1690 gegen 7 Uhr abends empfing sie im Beisein aller ihrer Mitschwestern die Krankensalbung. Eine Stunde später starb sie im Alter von 43 Jahren. Ihr letztes Wort war „Jesus.“

Gegen Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts nahm die Herz-Jesu-Verehrung einen plötzlichen Aufschwung, als ob ein lang zurückgehaltenes Feuer plötzlich ausbräche. Für die der Kirche treu Gebliebenen bedurfte es einer verdoppelten Wärme, die die Liebe inmitten der sie umgebenden Eiseskälte in ihren Herzen unterhielt und zu neuer Begeisterung anregte. Diese Wärme kam gerade durch die Andacht zu dem Herzen desjenigen, der da einst gekommen war, um Feuer auf die Erde zu bringen. Durch diese Andacht wurden die treu Gläubigen hingewiesen auf die Urquelle und zum Feuerherd der Liebe, zum Herzen Jesu; da fanden sie, dessen sie so sehr bedurften und fühlten sich wohl in seiner Nähe.

Viele Wegbereiter gab es für die Andacht zum Heiligsten Herzen Jesu. Die eifrigste Dienerin in der Verehrung des göttlichen Herzens war aber Margareta Maria Alacoque. Das göttliche Herz Jesu hatte sie zu seiner Braut bestimmt. Darum mußte sie erst Gefährtin auf seinem Leidensweg werden, um sie von den Verlockungen dieser Welt zu lösen und die Verheißungen seines göttlichen Herzens lauter zu machen. Einem früheren Gelübde, Ordensfrau zu werden, konnte sie aufgrund des Wunsches ihrer Mutter, eine gute Partie zu machen, zunächst gar nicht nachkommen. Als sie dann doch endlich das Gewand des Ordens der Heimsuchung Mariä anlegen konnte, verlangte der Heiland von ihr die vollkommene Genauigkeit im Gehorsam und die größte Offenheit ihren Oberen gegenüber. Dieser sichere Weg des Gehorsams war für Margareta Maria Alacoque überaus nötig, da von jetzt an ihr ganzes Leben eine Kette von übernatürlichen Vorgängen und unmittelbarem Eingreifen Gottes in ihre Angelegenheiten war. Wie leicht hätte sie auf so außerordentlichen Wegen irre straucheln können, wenn sie nicht als untrüglichem Pfade stets dem strengsten Gehorsam gefolgt wäre! An dem Tag, als sie ihre feierlichen Gelübde ablegte, sprach der göttliche Heiland nach der Kommunion zu ihr: „Suche fortan nichts mehr außer mich, wenn du nicht meiner Macht willst Schmach antun und mich schwer beleidigen. Um zu lieben und zu leiden sei dein Wahlspruch: „Nur ein Herz, nur eine Liebe, nur ein Gott!“

Am Festtag des heiligen Johannes des Evangelisten erhielt Margareta Maria Alacoque die erste eigentliche bestimmte Mitteilung über die Andacht zum göttlichen Herzen Jesu. Als sie an diesem Tag mehr freie Zeit hatte als gewöhnlich, ging sie zum Tabernakel, wo ihr göttlicher Lehrmeister wohnt. Da erschloß sich ihr in besonders hohem Grade das göttliche Herz, und von Geheimnissen, die ihr bisher verborgen waren, wich der Schleier. Margareta Maria Alacoque kniete da nieder in Verzückung beim Anblick dieser Wunder der Güte und Erbarmung, und Jesus sprach: „Mein göttliches Herz ist voll von Liebe zu den Menschen und besonders zu dir, daß ihre Flammen hervorbrechen, um sie durch dich den Menschen zu offenbaren und sie zu bereichern mit den Schätzen, die du siehst und die überreiche, aber notwendige Gnaden enthalten um die Menschen zu retten vor dem Abgrunde des Verderbens. Dich Unwürdige und Unwissende habe ich auserwählt zur Erfüllung meiner Absichten, damit es klar werde, daß alles ganz mein Werk ist. Deshalb gib mir dein Herz!“ Und er nahm es auf ihre Bitte, doch gab er es ihr brennend vor Liebe zurück mit den Worten: „Siehe da, Geliebte, ein Unterpfand meiner Liebe! Die Glut, die ich in deinem Herzen entflammt habe, wird nicht erlöschen. Du sollst von nun an „Schülerin des Herzens Jesu“ heißen.“

Margareta Maria Alacoque wußte kaum, wo sie war und was sie tat; die Glut in ihrer Brust verursachte ihr die heftigsten Schmerzen. Aber deutlich sah sie das Heiligste Herz Jesu auf einem Flammenthron, nach allen Seiten Strahlen sendend, wie die Sonne, aber durchsichtig, wie Kristall. Die Wunde der Lanze war sichtbar, eine Dornenkrone umgab es, und oben auf dem Herzen stand ein Kreuz. Dann gab ihr der Herr zu verstehen, wie das Verlangen nach Gegenliebe ihn bewogen habe, sein Herz den Menschen zu offenbaren, mit all den Schätzen von Liebe, Barmherzigkeit, Gnade und Heiligung, die es umschließt, so daß jeder, der nur will, mit vollen Händen daraus schöpfen kann. Überdies gab er Margareta Maria Alacoque Versicherung, daß er eine besondere Freude empfinde, in diesem seinem Herzen verehrt zu werden, dessen Bild überall ausgestellt werden müsse, um dadurch die gefühllosen Herzen der Menschen zu rühren. Denjenigen, die es verehren, werde er überreichen Anteil geben an den größten Gnaden und auf den Ort, an dem das Bild den Ehrenplatz einnimmt, sollen die reichsten Segnungen herniederströmen, denn diese Andachtsühung sei einer der letzten Versuche seiner Liebe, die Menschen an sich zu ziehen.

Jedes Jahr am Feste des heiligen Johannes wiederholte sich die Erscheinung. Auf sein göttliches Herz zeigend, sagte der Erlöser: „Ich brenne vor Verlangen, im heiligen Altarsakrament verehrt zu werden, und fast niemand findet sich, der mir durch Gegenliebe einige Labsal hörte.“ Am ersten Freitag eines jeden Monats erneuerten sich diese Liebesbeweise des Heilandes; an diesen Tagen erschien das göttliche Herz Jesu gleich einer glänzenden Sonne vor ihren Augen und warf glühende Strahlen in ihre Brust.

Am 16. Juli 1675 enthüllte der Heiland Margareta Maria Alacoque erneut sein göttliches Herz und sprach: „Siehe da dies Herz, das die Menschen so sehr geliebt hat, daß es nichts sparte, und sich erschöpfte und verzehrte, ihnen seine Liebe bezeugen. Statt ihrer Erkenntlichkeit erhalte ich von dem größten Teile derselben nur Undank durch ihre Unehrbietigkeiten und den Kaltsinn und die Verachtung, die sie für mich im Sakrament der Liebe haben. Was mir aber noch schmerzlicher ist, daß es mir geweihte Herzen sind, die mir auf diese Weise begegnen.“ Darum verlangte der Heiland, daß der erste Freitag nach der Oktav von Fronleichnam als besonderes Fest zur Ehre seines Herzens gefeiert werde. Damit sollte die Andacht über die ganze Erde verbreitet werden. Hier verhieß der Erlöser auch das Bestimmteste, daß nämlich diese Andacht eine unerschöpfliche Segensquelle für die ganze Kirche, namentlich aber für ihre Verbreiter und Förderer werden.

Klar und scharf wurde in dieser letzten Offenbarung alles ausgedrückt, was das Wesen der Herz-Jesu-Andacht betrifft. Ihr Ursprung: Die unendliche Liebe, die in ihrer übergroßen Fülle von selbst zur Mitteilung drängt. Ihr Zweck: Der göttlichen Liebe eine Gegenleistung zu bieten, die sie erfreue, versöhne, ihr Sühne leiste für die Kälte und Undankbarkeit anderer Menschen. Ihr Gegenstand: Das liebende Herz Jesu, wie es in der Brust des göttlichen Heilandes schlägt, vereinigt mit der gottmenschlichen Person Christi. Ihr Charakter: Es soll eine öffentliche allgemeine Andacht sein. Ihre Wirkung: Die Ströme der göttlichen Liebe sollen diejenigen überfluten, die auf seine barmherzigen Absichten eingehen.

Margareta Maria Alacoque tat darüber hinaus alles, um die Herz-Jesu-Andacht zu fördern und zu verbreiten: Sie verteilte Herz-Jesu-Bilder, wirkte in Wort und Schrift für den geliebten Bräutigam ihrer Seele und pries in begeisterten Worten die liebliche, segensvolle Andacht zum Heiligsten Herzen Jesu, die Schätze der Gnaden und Segnungen, die das göttliche Herz in sich faßt, die wunderbaren Erfolge der Herz-Jesu-Verehrung im Leben und im Tode. Trotz zahlloser Widersprüche und Schwierigkeiten wurden ihre Bemühungen von Erfolg gekrönt und das Wort des Herrn erfüllte sich: „Fürchte nichts; ich werde herrschen trotz all meiner Gegner.“

Auch in diesem Jahr möchte ich Sie bitten, am 28. Dezember 2012, der Unschuldigen Kinder zu gedenken und für sie zu beten. Beachten Sie bitte auch im Internet auf meine Seite www.Herz-Jesu-Familie.de, dort sind einige neue Gebete in der Rubrik „Unschuldige Kinder“ zu lesen.

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Rundbrief Nr. 32 vom 16. Mai 2013 - Osterzeit 2013

Der heilige Heribert mit Bild
Herz-Jesu-Jahr 2013

Das Jahr 2013 widme ich besonders der Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu. Ich bitte Sie, dabei mitzuhelfen und das Heiligste Herz Jesu noch mehr zu verehren. Das Herz-Jesu-Jahr, das nur für meine Herz-Jesu-Familie gilt, beginnt am 1. Januar 2013 und endet am 31. Dezember 2013.

Nachdem ich fünfzehn Jahre viele Beiträge aus verschiedenen Büchern und Zeitschriften über Herz-Jesu-Verehrer und Verehrerinnen veröffentlicht habe, habe ich mir vorgenommen, heute einen Beitrag über meinen Namenspatron, den heiligen Heribert, Ihnen vorzustellen.


Kaiser und Bischof

März
Heiliger Heribert, Erzbischof von Köln, geboren um 970 als Sohn des Grafen Hugo von Worms, gestorben am 16. März 1021 zu Köln

Schneidend kalt heulte der Wind durch die Gassen von Köln, pfiff um Nasen und Ohren der vieltausendköpfigen Menschenmenge, die der Tag vor dem Weihnachtsfest Anno 999 aus ihren behaglichen Stuben gelockt hatte. Besonders dicht war das Gedränge beim Severinstor. Hunderte hatten Mauer und Wehrturm erklettert und hingen wie Bienenschwärme an jeder Zinne. Was macht heute schon das bißchen Frieren, war man nur dabei, wenn der neue Erzbischof seinen Einzug hielt! Wie würde er kommen? Das war die große Frage, über die sich die Kölner schon seit Tagen die Köpfe zerbrachen

Eigentlich hätte er ja mit einer stolzen Segelflottille über den Rhein kommen sollen. Aber der Strom war zugefroren und das Eis so dick, daß man mit Ochsenkarren hätte übersetzen können. Sicher würde er aber auf einem herrlichen Prunkwagen einziehen oder auf einem stolzen Streitroß mit silbernem Zaumzeug, war doch der neue Oberhirt niemand anders als Graf Heribert von Worms, der „Archilogothet“ - das ist der erste Ratgeber - des prachtliebenden jungen Kaisers Otto III.

Geduldig stampften die Harrenden sich auf dem Schnee die Füße warm. „Gott, gib uns einen guten Bischof!“ Das war das stille Flehen ganz Kölns. Wann auch hätte man ihn so notwendig gebraucht wie eben jetzt, da man an der Schwelle eines neuen Jahrtausends stand! Ja, es fehlte nicht an Stimmen, die dem neuen Jahr eine ganz besondere Bedeutung geben wollten.

„Du kannst es mir glauben, Gevatter“, raunte der Schuster Kunibert seinem Nachbar, dem dicken Gastwirt vom Eigelstein, zu, „im Jahr 1000 geht die Welt unter wie ein morscher Kahn.“

„Na, dann zahl’ wenigstens noch, was du bei mir in der Kreide hast, ehe die Welt untergeht!“ erwiderte der Wirt boshaft.“

Der Schuster hatte schon eine ärgerliche Antwort auf den Lippen, kam aber nicht zu Wort; denn in dem Augenblick ertönte ein vielstimmiger Schrei von den Zinnen des Wehrturms her. Der Torwächter stieß in’s Horn. Von allen Kirchen dröhnten die Glocken.

Fieberhaft wurde die Spannung. Endlich bog die Spitze des Zuges durch das Severinstor. Voran ein Kreuz zwischen seidenen Fahnen. Dann kam eine Menge rotberockter Ministranten, die silberne Rauchfässer schwangen. Nonnen und Mönche folgten psalmensingend, in ihrer Pracht dann die Herren vom Dom.

Jetzt, jetzt mußte er kommen! Die Umstehenden schoben und drängten durcheinander, reckten die Hälse. Plötzlich aber ward eine atemlose Stille. Durch das Severinstor schritt ein Mann in armseligem Pilgerkleid, die Hände in tiefer Andacht gefaltet. Barfüßig ging er über Schnee und Eis, als wäre er nicht der erwählte Herr der Stadt, sondern ihr ärmster Bettler.

Tiefe Bewegung ging durch die Volksmenge,. dann aber beugten sie alle in heiliger Ehrfurcht die Knie vor dem Mann, der in solcher Demut seinen Einzug in die Bischofsstadt hielt.

„Ein Heiliger ist er“, raunten sich die Kölner an jenem denkwürdigen Tage zu. „Ein Heiliger ist er“, ging es durch die Stadt, als man sah, wie der neue Bischof sich der Armen und Siechen annahm, die er seine „lieben Herren und Brüder“ hieß, wie er das heilige Opfer darbrachte und alles tat, die Gotteshäuser von Köln zum heiligen Zier auszustatten. Viele herrliche Kirchen verdanken ihm ihren Ursprung oder ihre Erneuerung. Den frommen Söhnen des heiligen Benedikt schuf er zu Deutz eine herrliche Abtei.

Nur einen Kummer hatten die Kölner. Der Kaiser mochte seines Archilogotheten nicht länger entraten, beschied ihn zu sich nach Italien. Heribert folgte dem Ruf, aber bald nach seiner Ankunft traf den Kaiser der Tod. In Heriberts Armen entschlief der zweiundzwanzigjährige Herrscher, den der Hunger nach Sonne und Süden der deutschen Heimat so tragisch entfremdet hatte. Groß war das Leid des Erzbischofs, der seinen Herrn, den friedlosen Wanderer zwischen zwei Welten, nun als Toten heimführte, um ihn im Aachener Dom beizusetzen.

Ein Haufen deutscher Ritter gab, den gezogenen Degen in der Faust, dem toten Kaiser das Geleit. Oft hatten sie sich hinterhältiger Angriffe von Aufrührern zu erwehren. Unter tausend Mühseligkeiten und Gefahren erreichten sie die Alpenpässe, stiegen dann ab in’s deutsche Land. Aber Heribert, der Sproß aus der Nibelungenstadt Worms, verließ seinen toten Herrn auf der ganzen beschwerlichen Fahrt nicht. Stets war er der erste an seiner Bahre.

Ärgerlichen Aufenthalt gab es in einem oberbayrischen Tal, nahe dem Ammersee. In Polding kam Herzog Heinrich von Bayern dem Trauerzug entgegen, grüßte in Ehrfurcht den hohen Toten, machte dann aber, als der Nächste am Throne, seine Rechte auf die Königskrone geltend und verlangte von Heribert die Auslieferung der Reichskleinodien. Nur dem Zwang folgend, verstand sich der Erzbischof zur Herausgabe, da er glaubte, zunächst die Wahl des neuen Königs abwarten zu müssen. Der Herzog verargte ihm die Weigerung sehr, und zwischen den beiden blieb lange Zeit eine tiefe Mißstimmung. Dennoch sollte Heribert bald Gelegenheit haben, auch dem neuen Herrscher Heinrich II. seine Vasallentreue zu beweisen.

Zu Pavia war es, an dem Tag, da Heinrich mit der Eisernen Krone der Lombardei gekrönt worden war, als es plötzlich zwischen den Bürgern und den deutschen Kriegern zu blutigem Kampfe kam. Ein wütender Haufen wollte den Palast stürmen, in dem der Kaiser mit seinen Fürsten weilte. Da trat Heribert an’s Fenster und mahnte die aufgeregte Volksmenge zum Frieden. Steinwürfe und Pfeilschüsse flogen ihm entgegen, aber der kühne Erzbischof wich nicht, obwohl die Geschosse oft nur um Haaresbreite an seiner Stirn vorüberschwirrten. Trotz dieser aufopfernden Tat gelang es den Gegnern des Erzbischofs wiederum, Mißtrauen zwischen ihm und seinem kaiserlichen Herrn zu säen. Noch einmal sollte der Groll Heinrichs gegen den Kölner Erzbischof aufflammen.

Es war im Jahre 1020. Der Kaiser belagerte die stolze Rheinfeste Hammerstein, um den wilden Burggrafen Otto, der sich schwerer Vergehen gegen den Landfrieden schuldig gemacht, zu züchtigen. Während dieser Belagerung befahl Heinrich dem Kölner Erzbischof, mit seiner Streitmacht zu ihm zu stoßen. Wohl schickte Heribert ein Aufgebot, ließ jedoch dem Kaiser erklären, er selbst sei schwerer Erkrankung wegen nicht imstande, zu kommen. Der bösen Zungen gab es nun genug, die dem Herrscher einredeten, die Krankheit des Erzbischofs sei ein gar durchsichtiger Vorwand; in Wirklichkeit biete Heribert dem kaiserlichen Befehl Hohn und Spott. Da schoß dem Kaiser der helle Zorn in’s Blut.

„Nun wohl“, knirschte er, „wenn Herr Heribert krank ist, so geziemt es sich wohl, ihm einen Krankenbesuch zu machen!“ In Wirklichkeit aber zog Heinrich nach Köln, um über den Erzbischof Gericht zu halten. Schon hatte er gegen ihn ein schweres Urteil gefällt, als sich die Tür zum hohen Saal öffnete und der Erzbischof eintrat und sich dem Thronsitz näherte.

Tief gebeugt war die einst so hohe Gestalt des Kirchenfürsten. Bleich war sein Antlitz, und seine Augen brannten im Fieber. Auf den ersten Blick erkannte der Kaiser, daß er einen Tod-geweihten vor sich hatte. Heiße Scham stieg ihm in die Stirn, daß er den verleumderischen Reden elender Schmeichler mehr geglaubt hatte als dem Wort des Erzbischofs, der zwar zu schmeicheln unfähig war, dafür aber sein Leben für das des Kaisers eingesetzt hatte. Da sprang Heinrich von seinem Sitz auf, eilte auf den Kirchenfürsten zu und umarmte ihn. Dann bat er ihn in Gegenwart der erlauchten Versammlung inständig um Verzeihung, die ihm bereitwilligst gewährt wurde.

Dennoch ließ ihn der Gram über das Unrecht, das er Heribert getan, in der folgenden Nacht keine Ruhe finden. In aller Morgenfrühe klopfte es an der Tür der Sankt-Johannes-Kapelle, in welcher der Erzbischof die Nacht in innigem Gebet verbracht hatte. Als Heribert erstaunt öffnete, trat Kaiser Heinrich über die Schwelle, fiel vor ihm auf die Knie nieder, bekannte auf’s neue in tiefster Reue seine Schuld und bat nochmals um Vergebung. Der Erzbischof hob seinen Herrn voll inniger Rührung auf und verzieh ihm noch einmal von ganzem Herzen. So hatten sich zwei hochherzige und edle Menschen gefunden, die das Werk heuchlerischer und verleumderischer Zungen lange genug einander entfremdet hatte.

Noch einmal raffte der todkranke Kirchenfürst sich auf, um seine Herde in der weiten Kölner Erzdiözese zu besuchen. In Neuß jedoch überfiel ihn plötzlich ein heftiges Fieber. Wenige Tage später brachte ihn ein Schiff in seine Bischofsstadt.

Da drängte sich abermals eine große Volksmenge in den Straßen von Köln, den Bischof zum zweiten Mal zu empfangen. Totenstille herrschte, als das Schiff langsam den Rhein herauf sich näherte und im Grund von Köln Anker warf. Als man aber auf einer Bahre den sterbenden Erzbischof durch die Straßen trug, da ward des Weinens und Klagens kein Ende. Schluchzend gab man ihm das Geleite. Als man ihn aber zum Saalhof bringen wollte, winkte Heribert den Trägern zu und bat sie, ihn in den Dom zu tragen. Vor dem großen Kruzifix im Hochchor erhob sich der Sterbende noch einmal mit Aufbietung aller Kraft und sank, von zwei Klerikern gestützt, in die Knie, Gott mit schon erlöschender Stimme um Beistand für sein letztes Stündlein und um Schutz für seine Herde kaiserlichen anflehend. Dann erst ließ er sich in den Saalhof tragen. Nachdem man ihn auf sein Lager gebettet hatte, verlor er das Bewußtsein.

Erst am folgenden Morgen kam er wieder zu sich. Da winkte er seinen Propst, der ihm zu-nächst stand, heran. Zitternd ergriff seine Hand die Rechte des Prälaten. Wie in heißer Angst suchten seine Augen des anderen Blick. Dann fragte er mit zerbröckelnder Stimme:

„Werdet ihr, meine lieben Brüder, die Armen nicht Not leiden lassen?“

„Sie werden uns Euer kostbarstes Vermächtnis sein“, erwiderte der Propst warmherzig. Da ging ein Leuchten der Freude über die Züge des Sterbenden, und lächelnd hauchte er die Worte:

„So habe ich nichts mehr zu bestellen an diese Welt! Gott sei mir gnädig!“
Dann schloß er die Augen zum ewigen Frieden.

* * *


Rundbrief Nr. 33 vom 15. November 2013

Liebe Mitglieder meiner Herz-Jesu-Familie


Von Januar bis November 2013 habe ich die nachstehenden heiligen Herz-Jesu-Verehrer im Internet vorgestellt. Wenn Sie die Broschüre „Herz-Jesu-Jahr 2013“ lesen möchten, können Sie sie mit dem beiligenden Bestellschein kostenlos bestellen.


Januar: Heiliger Johannes der Apostel
Februar: Heilige Angela Merici
März: Heiliger Thomas der Apostel
April: Heilige Francesca Saverio Angelo
Mai: Heiliger Longius
Juni: Heilige Margareta von Cortona
Juli: Heiliger Paulus der Apostel
August: Heilige Philippine-Rosa Duchesne
September: Heiliger Justinus
Oktober: Heilige Mechthild von Magdeburg
November: Heiliger Fidelis von Sigmaringen
Dezember: Heilige Maria, die Königin aller Heiligen


Nachdem ich nun von Januar bis November 2013 viele Heilige die das Heiligste Herzen Jesu verehrt haben im Internet vorgestellt habe, möchte ich nun zum Abschluß des Herz-Jesu-Jahres 2013, das nur für meine Herz-Jesu-Familie galt, einen Beitrag über die Königin aller Heiligen, die Muttergottes, vorstellen.

Maria, die Königin aller Heiligen


Alexis-Henri-Marie Lepicier OSM (20.5.1936), einst jahrelang Dogmatigprofessor an der Päpstlichen Hochschule der Propaganda Fide, dann General seines Ordens, Apostolischer Visitator in Indien und Abessinien und schließlich Kardinal, erzählte einmal einem Priester, wie er nach glücklicher Beendigung seiner Visitation in Abessinien 1927 seinen päpstlichen Auftraggeber, Papst Pius XII., Bericht erstattet habe und dabei u.a. meldete, wie die äthiopischen Katholiken für drei weiße Gestalten eine ganz besondere Verehrung haben: Für die weiße Hostie im heiligsten Altarssakrament, für die strahlend weiße Gestalt der unbefleckt empfangenen, jungfräulichen Gottesmutter Maria und für den weißgekleideten Stellvertreter Jesu Christi auf Erden, den Papst in seiner Unfehlbarkeit, wenn er als oberster Lehrer und Hirte der Kirche „ex cathreda“ eine Entscheidung fällt in den Sachen der Glaubens- und Sittenlehre. Als Papst Pius XII. das gehört hatte, kamen ihm, dem sehr autoritär regierenden, strengen Papst, vor Ergriffenheit die Tränen in die Augen. Die Heilige Eucharistie, die unbefleckt empfangene Gottesmutter Maria und der unfehlbare Papst! Sind das nicht zusammen die Hauptstützen wahrhaft katholischer Glaubenshaltung? Sie sind doch wie drei Magnetnadeln, wie drei Leitsterne aller treu katholisch gesinnter Seelen! Sie sind die drei übernatürlichen Kraftquellen der katholischen Kirche, jener Kirche, deren unsichtbares Haupt der unter den eucharistischen Gestalten gegenwärtige Herr Jesus Christus, deren sichtbares Haupt aber der oberste Lehrer und Hirte, der Papst, und deren Herz gleichsam die jungfräuliche Gottesmutter Maria ist.

Auf zwei in diesem leuchtenden, richtungsgebenden Dreigestirn, auf die Heilige Eucharistie und die seligste Jungfrau Maria in ihren Beziehungen zueinander, sei nun besonders hingewiesen.

Es gibt einen Ehrentitel, der der jungfräulichen Gottesmutter seit einem Jahrhundert gegeben wird und der sehr schön die Beziehungen zwischen Maria und der Heiligen Eucharistie zum Ausdruck bringt. Es ist der Titel: „Unsere Liebe Frau vom Heiligsten Sakrament.“ Der heilige Julian Peter Eymard, der Gründer der Eucharistiner, gab Maria diesen Titel. Papst Pius X., der heilige Papst der Eucharistie, hat diesen marianischen Titel mehrmals feierlich bestätigt und einen Ablaß verliehen, wenn die Gottesmutter unter diesem Titel angerufen wird.

Maria und die Heilige Eucharistie: Wie gehören beide zusammen? Wie haben beide miteinander zu tun? Welche Beziehungen bestehen zwischen den beiden?

Es sei da zuerst darauf hingewiesen, daß heute beide, Maria und die Heilige Eucharistie, ein ähnliches Schicksal in gewissen Kreisen nicht bloß außerhalb, sondern auch innerhalb der Kirche erleiden: Geringschätzung und Verunehrung! Man will nicht mehr recht an die unsagbare Größe und Würde beider glauben und man versagt ihnen vielfach die ihnen schuldige Ehrfurcht und Verehrung! Man glaubt nämlich nicht mehr recht an die Auserwählung Mariens, an ihre Grundprivilegien, an ihre unbefleckte Empfängnis und an ihre unverletzte Jungfräulichkeit trotz ihrer heiligen Mutterschaft! Ähnlich aber ergeht es heute vielfach auch dem Heiligsten Altarssakrament: Man glaubt nicht mehr an seine unsagbare Größe, Würde und Heiligkeit, auf Grund der es nur mit reinem, von schwerer Sünde freiem Herzen gefeiert und empfangen werden sollte; man glaubt vielfach nicht mehr recht an die Gegenwart Christi im Heiligsten Altarssakrament und geht darum so ehrfurchtslos mit dem Allerheiligsten um und wagt sogar, damit Unfug, leider auch sakrilegischen - und wortwörtlich - teuflischen Unfug zu treiben.

Gegenüber den Greueln der Verwüstung an heiliger Stätte und mit dem Allerheiligsten sollten verantwortungsbewußten Katholiken in der gegenwärtigen Zeit der Kirchenkrise und Glaubensverwirrung umso treuer festhalten am überlieferten Glauben: Am Glauben an die Reinheit und erhabene Würde der unbefleckt empfangenen, allzeit jungfräulichen Gottesmutter Maria und am Glauben an die wahre, wirkliche Gegenwart Christi im Heiligsten Sakrament des Altares und zwar auch in den kleinsten Teilchen des verwandelten Brotes.

Verantwortungsbewußte Katholiken sollten darum auch für beide, für die Gottesmutter Maria und für das Altarssakrament, allergrößte Ehrfurcht, Verehrung und Liebe aufbringen. In einer Pfarrei in Österreichs, in der während der Reformationszeit der Glaube an die Würde, Reinheit und Heiligkeit der unbefleckt empfangenen, jungfräulichen Gottesmutter Maria und der Glaube an die bleibende wahre, reale Gegenwart Christi in der Heiligen Eucharistie ganz besonders gefährdet war, begann der Seelsorger das übliche eucharistische Lobgebet „Hoch-gelobt und gebenedeit sei das Allerheiligste Sakrament des Altares...“ ein wenig abzuändern und zu ergänzen; er brachte es Pfarrangehörigen in folgender, heute noch dort üblicher Weise bei: „Hochgelobt und gebenedeit sei das Allerheiligste Sakrament des Altares und die un-befleckte Empfängnis der jungfräulichen Gottesmutter Maria von nun an bis in Ewigkeit!“ Es war auffallend, wie in jener Pfarrei eine bis heute andauernde Liebe und Verehrung zur unbefleckt empfangenen jungfräulichen Gottesmutter und eine ganz große, ehrfürchtige Hoch-schätzung des Heiligsten Altarssakramentes wieder eingekehrt ist. Beide, Maria und die Heilige Eucharistie, hängen eben ganz innig zusammen. Darum ist es begreiflich: Wo der Glaube an die marianischen Dogmen von der jungfräulichen Gottesmutterschaft Mariens und ihrer unbefleckten Empfängnis und Gnadenfülle schwindet, dort schwindet auch der Glaube an die eucharistischen Dogmen von der Wesensverwandlung des Brotes und des Weines und von der Realpräsenz Christi unter den Gestalten von Brot und Wein. Und umgekehrt, wo man an der liebevollen Verehrung der unbefleckt empfangenen, jungfräulichen Gottesmutter Maria festhält, dort hält man auch - so ist es seit jeher wahrhaft katholische Haltung - an der ehrfürchtigen Hochschätzung des anbetungswürdigen Altarssakramentes fest.

Aber fragen wir nun noch genauer, wie beide, Maria und das Heiligste Altarssakrament, zusammenhängen. Hier ist zunächst auf folgende wichtige Tatsache zu verweisen:

Die seligste Jungfrau Maria hat durch ihre Einwilligung und demütige Bereitschaft zur jung-fraulichen Gottesmutterschaft das Wunder vermittelt, daß der Sohn Gottes Mensch werden und in der Folge davon im Sakrament des Altares wahrhaft und wirklich mit seiner Gottheit und Menschheit, mit Fleisch und Blut, mit Leib und Seele gegenwärtig werden konnte, denn nicht erzwungenermaßen, sondern auf Grund völlig freier Zustimmung - „Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort!“ - entstanden im jungfräulichen Mutterschoß Mariens, aus ihrem Fleisch und Blut des Gottmenschen Jesus Christus, die in der Heiligen Eucharistie gegenwärtig sind. Ein mittelaltlicher Theologe wagte einmal den Satz: „Caro Christi caro est Mariae!“ das Fleisch Christi ist, - dem Ursprung nach - das Fleisch Mariens! Das stimmt noch dazu in einem viel tieferen Sinn, als etwa Fleisch und Blut eines jeden Menschen dem Ursprung nach Fleisch und Blut seiner Mutter sind, denn beim Werden unseres durchblutenden Leibes wirkte ja nicht nur unsere Mutter allein. Sondern auch der Vater mit, bei Jesus Christus aber war es auf Grund seiner jungfräulichen Empfängnis ohne das Zutun eines zeugenden Mannes nur die seligste Jungfrau Maria allein, durch die - rein biologisch gesehen - der menschliche Leib Jesu zu werden begann: „Empfangen vom Heiligen Geist, geboren aus Maria, der Jungfrau.“ Was die Kirche mit diesen Worten seit der Apostolischen Zeit im Apostolischen Glaubensbekenntnis ausspricht, gilt nicht nur für die Menschennatur des historischen Jesus, sondern auch für Leib und Blut des verklärten, in der Heiligen Eucharistie gegenwärtigen Jesus. Der heilige Franz von Sales hat dies einmal so formuliert: „Willst du auch mit der seligsten Jungfrau verwandt sein, so kommuniziere. Denn wenn du das Heiligste Sakrament empfängst, so empfängst du Fleisch von ihrem Fleisch und Blut von ihrem Blut; denn der kostbare Leib des Heilands, gegenwärtig im Heiligsten Sakrament, ist gebildet in Schoße der Jungfrau von ihrem reinsten Blut.“

Auf Grund der ursprünglichen Identität des Fleisches und Blutes Christi mit dem Fleisch und Blut seiner jungfräulichen Mutter Maria ist es tatsächlich nicht übertrieben, wenn man behauptet hat, daß die Gottesmutter „causa radicalis“, wurzelhafte Ursache der Heiligen Eucharistie in dem Sinn ist, daß von Maria jener Leib und jenes Blut stammen, die in der Heiligen Eucharistie wahrhaft und wirklich gegenwärtig sind, geopfert und empfangen werden.

Wir wissen, daß in jeder Eucharistiefeier das Kreuzesopfer des ewigen Hohenpriesters Jesus Christus gegenwärtiggesetzt wird. Maria aber hat in ihrer Mutterliebe und Muttersorge die unendlich wertvolle Opfergabe großgezogen, die im Kreuzesopfer und in der Eucharistiefeier der heiligen Messe dem himmlischen Vater dargebracht wurde und wird. Auf Golgotha unter dem Kreuzaltar ihres göttlichen Sohnes stehend hat Maria es uns allen - mitleidend und mit-opfernd mit dem ewigen Hohenpriester - vorgemacht, wenn man mit Christi Opfer das eigene vereinen soll. Maria hat als Diakonin des Opferpriesters von Golgotha großmütig auf ihre Mutterechte verzichtet und ihr Liebstes und Teuerstes hingeopfert. Ob sie dasselbe nicht auch bei jeder heiligen Messe tut, wenn dabei - wie uns der Glaube sagt - das Kreuzesopfer gegenwärtiggesetzt wird? Es ist sicher eine berechtigte Annahme, daß Maria bei jeder heiligen Messe mit ihrer auf Golgotha bewiesenen Opfergesinnung und Opferbereitschaft mit dabei ist. Das mag wohl der Grund sein, warum Maria in jedem der vier eucharistischen Hochgebete ausdrücklich und namentlich erwähnt wird, etwa im römischen Kanon im „Communicantes et memoriam venerantes imprimis glorioae semper Virginis Mariae...“ (In Gemeinschaft mit der ganzen Kirche gedenken wir ehrend vor allem Marias, der glorreichen, allzeit jungfräulichen Mutter unseres Herrn und Gottes Jesus Christus.)

Die Eucharistiefeier ist aber nicht bloß Opfer, sondern auch Opfermahl. Unter diesem Ge-sichtspunkt kann man wieder etwas Wichtiges über die Beziehungen Maria und der Heiligen Eucharistie sagen. Vielleicht kann man es so formulieren: Maria hat uns durch ihre mütterliche Liebe und Sorge, die sie ihrem göttlichen Sohn entgegengebracht hat, und zwar vom ersten Augenblick an, das sie Ihn in ihrem jungfräulichen Mutterschoß tragen durfte, den Tisch zu decken begonnen für das Opfermahl der heiligen Kommunion.

Hier darf an eine gute, längst verstorbene Mutter gedacht werden: Wie war das immer schön, wenn sei für ihre große, kinderreiche Familie kochte und den Tisch deckte; diese Aufgabe ließ sie sich nie abnehmen; da war sie so ganz Mutter, in Liebe sorgend, daß alle neun Kinder zu essen bekamen und möglichst zum gemeinsamen Tisch kamen. So dürfen wir uns auch Maria, die heiligste Mutter, vorzustellen, zuerst im kleinen Kreis der heiligen Familie von Nazareth, wenn sie nach altisraelischem Brauch für den täglichen Bedarf der Familie mit einer primitiven kleinen Hausmühle zwischen zwei Steinen das nötige Quantum Weizen zu Mehl gemahlt, das Mehl dann als Teig bereitet, Sauerteig dazugemengt und dann zu Brot gebacken hat. Wie mag ihr der Jesusknabe dabei zugeschaut und dann - größer geworden Helferdienste geleistet haben! Es klingt ja wie eine Kindheitserinnerung, wenn Jesus in einem Gleichnis sagt: „Womit soll Ich das Reich Gottes vergleichen? Es gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und in drei Maß Weizenmehl mengte, bis alles durchsäuert war.“ - (Lk 13, 20) Maria ist aber nicht bloß für die kleine Familie von Nazareth, sondern auch für die große Gottesfamilie der Kirche die Mutter, die den Tisch deckt. Sie half, uns das Himmelsbrot zur Heiligen Eucharistie zu bereiten und in ihrer mütterlichen Liebe als Mutter der Kirche sehnt sie sich danach, daß für alle Brüder und Schwestern ihres erstgeborenen Sohnes das Himmelsbrot bereitsteht und sie es auch würdig empfangen. Sie, die bei der Hochzeit zu Kana die kleine Verlegenheit der Brautleute, denen der Wein ausgegangen war, sofort sah und diese Verlegenheit behelfen half durch das Wunder, das sie von ihren göttlichen Sohn erflehte, sie ist zweifellos auch jene, die mit wachen Augen und mit mütterlich sorgendem Herzen sieht, wo hungernde Seelen sind, denen das Himmelsbrot der Heiligen Eucharistie abgeht. Und wie wünscht doch diese gute Mutter so recht von Herzen, daß alle ihre Kinder immer mehr „auf den Geschmack kommen“, der dem Himmelsbrot der Heiligen Eucharistie eigen ist! Zweifellos freut sich „Unsere Liebe Frau vom Heiligsten Sakrament“ herzlich, wenn sie sieht, daß „ihre Kinder, die Brüder und Schwestern ihres göttlichen Sohnes“, nicht bloß einmal im Leben, etwa bei der Erstkommunion, und nicht bloß einmal im Jahr zur österlichen Zeit, am Tisch des Herrn, den Maria uns zu decken half, erscheinen, sondern oft, womöglich monatlich oder noch besser Sonntag für Sonntag oder gar täglich. Maria erinnert sicher dabei an jene selige Stunde zurück, da ihr bei der Verkündigung durch den Engel Gabriel eine neun Monate dauernde heilige Kommunion mit dem unter ihrem jungfräulichen Herzen Mensch gewordenen Gottessohn zuteil wurde! Wie mag sie in jenen neun Monaten immer wieder hinein-gelauscht haben in ihr Inneres und Dialog, Zwiesprache gehalten haben mit ihrem göttlichen Kinde! Von dem großen englischen Konvertiten und Kardinal John Henry Newman stammt das Wort: „Cor ad cor loquitur“ (Das Herz spricht zum Herzen.) damals, als Maria den menschgewordenen Gottessohn unter ihrem makellosen Herzen trug, ist die wortwörtlich wahr gewesen: Cor ad cor, Herz an Herz, das Herz Jesu und das Mutterherz Mariens, die beiden edelsten, reinsten heiligsten Herzen in einem wunderbaren Gleichklang der Gesinnung, der Wünsche, Gefühle und Regungen. Was aber damals Maria in sich erlebte, wiederholt sich doch eigentlich bei jeder heiligen Kommunion. So hat doch Jesus Christus ausdrücklich in seiner eucharistischen Verheißungsrede: „Wer mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, der beliebt in Mir und Ich in ihm!“ (Joh 6, 56) er in mir, ich in Ihm, cor ad cor, Herz am Herzen! Und wenn es auf das Herz ankommt, - im biologischen, aber auch im ethisch-sittlichen Sinn - dann müßte doch unser Herz gesunden, wenn es am Herzen Jesu ruht kraft der Christusbegegnungen einer häufigen, würdigen, gnadebringenden heiligen Kommunion. Wir müßten nur immer in der Gesinnung Mariens kommunizieren und uns an ihrer Mutterhand zum Tisch des Herrn führen lassen!

Hier wo vom Kommuniongang an der Mutterhand Mariens die Rede war, taucht in der Besprechung der Beziehungen zwischen Maria und der Heiligen Eucharistie noch eine Frage auf, dem der Autor dieses Buches einer seiner Studenten tatsächlich einmal gestellt hat: Ob nämlich Maria auch kommuniziert habe. Die Frage war damals vielleicht als Fangfrage für den Dogmatigprofessor gedacht. Wie staunte der Student aber, als der Professor aus Überzeugung behauptete, daß Maria nicht bloß bei der Menschwerdung des Sohnes Gottes die neun Monate dauernde Kommunion gekannt habe, sondern nach der Himmelfahrt ihres göttlichen Sohnes sicher oft, wahrscheinlich sogar täglich die heilige Kommunion in der Gestalt des verwandelten Brotes empfangen habe. Höchstwahrscheinlich hat Maria kein anderes Sakrament als nur das Altarssakrament empfangen; sicher hat sie das Sakrament der Taufe nicht empfangen, denn sie begann ja unbefleckt, frei von der Erbsünde, ihre irdische Existenz; auf Grund eine besonderen Gnadenprivilegs zog sich Maria in ihrer unbefleckten Empfängnis die Erbsünde gar nicht zu, die bei uns erst durch das Sakrament der Taufe getilgt worden ist; sicher hat Maria auch das Bußsakrament nicht empfangen, denn sie blieb ja wie es klare Lehre der Kirche ist, zeitlebens frei von jeder persönlichen Sünde und hatte darum auch das Bußsakrament nicht nötig und konnte dieses wegen fehlender Sünden garnicht empfangen. Aber das Altarssakrament hat Maria sicher empfangen.

Wie kommen wir zu dieser Behauptung? Aufgrund einer Schilderung des Lebens der Urgemeinde in der Apostelgeschichte 2, 46: „Täglich verharrten sie (die ersten Christen) einmütig (im Gebet) beim Besuch des Tempels, brachen zu Hause das (eucharistische Brot) und nahmen ihr Mahl im Frohlocken und Einfalt des Herzens, indem sie Gott priesen und bei allen beliebt waren.“ Zu diesen Christen der Urkirche gehörte doch zweifellos bis zu ihrem seligen Heimgang vor allem auch Maria. Es ist doch wohl undenkbar, daß sie sich etwa von dieser heiligen, eucharistischen Gebets-, Opfer- und Mahlgemeinschaft, die täglich da und dort in irgendeinem Haus eines Christen der Urgemeinde gefeiert wurde, ausgeschlossen und so sich selber exkommuniziert hätte! Nein, die selige Jungfrau Maria war sicher dabei und tat mit in vorbildlicher Weise, so wie sie zu Pfingsten inmitten der Jüngergemeinde dabei war, die im Abendmahlssal betend auf die Herabkunft des Heiligen Geistes wartete (vgl. Apg 1, 14). In der täglichen heiligen Kommunion beim eucharistischen „Brotbrechen“ wurde es für Maria immer wir der zur beglückenden Tatsache: „Cor ad cor“, ihr Herz am Herzen des Sohnes, der zwar schon zum himmlischen Vater erhöht war und dennoch wieder geheimnisvoll sakramental gegenwärtig geworden war in der Eucharistiefeier! Dieses „Cor ad cor“ gab dann Maria Trost und Kraft, auszuharren in Bedrängnissen und Schwierigkeiten und um mitzuhelfen, betend und opfernd, bei der Aufrichtung und Ausbreitung der Kirche ihres Sohnes Jesus Christus.

Von der Tochter des Königs Ludwig XI. von Frankreich, der am 28. Mai 1950 durch Papst Pius XII. heiliggesprochenen Johannes von Valois (+ 1905) wird berichtet, sie habe einmal die seligste Jungfrau Maria gebeten, ihr mitzuteilen, wie sie ihr am meisten gefallen könne. Da habe Maria zu ihr folgendes gesagt: „Meine Tochter, drei Dinge sind mir vor allem wohl-gefällig: Auf Erden war es meine erste Freude, auf die Worte Jesu zu hören. Darum folgte ich Ihm überall hin, wohin ich konnte, um keines seiner Worte zu verlieren. Meine zweite Freude war das Andenken an sein Leiden, an sein Kreuz und seine Wunden. Darum besuchte ich nach seinem Tod oft die Stätten, wo er gelitten hat. Meine dritte Freude war das Heiligste Sakrament und das Heilige Opfer. Als mein Jesus die Erde verlassen hatte, wohnte ich jeden Tag dem heiligen Opfer bei und unterließ nie die heilige Kommunion. Übe auch du, meine Tochter, diese drei Dinge und du wirst mir immer wohlgefällig sein, sowie meinem göttlichen Sohn!“ 452)

Die Überlegungen über die Beziehungen zwischen Maria und der Heiligen Eucharistie seien zusammengefaßt im Hinweis auf ein eigenartiges, vor allem im süddeutschen, bayerischen und österreichischen Raum vorhandenes und verehrtes Marienbild: Das Bild von „Maria im Ährenkleid.“ Seine Entstehung in deutschen Landen geht in das 13., 14. Jahrhundert zurück. Bis in’s 18. Jahrhundert war es weit verbreitet und viel verehrt. Maria ist hier dargestellt als Jungfrau mit gelöstem Haar und gefalteten Händen. Der Halsausschnitt und die Ärmel-Enden ihres langen blauen Kleides sind von langen, breiten Flammzacken-Bordüren eingesäumt, das ganze Kleid aber ist mit goldenen Weizenähren bestickt. Ein Fachmann der christlichen Volkskunde und kirchlichen Kunst 453) meint: „ So schlicht und in sich hineinhorchend still die hohe Jungfrau vor uns steht, das Bild (der Ährenkleid-Madonna) ist voller Rätsel.“ Vielleicht stimmt das. Aber für den, der um die Beziehungen zwischen Maria und der Heiligen Eucharistie weiß, lösen sich weithin diese Rätsel, denn die Ähren am Kleid Mariens sollen Hinweis sein auf jenes himmlische Brot, das uns die seligste Jungfrau Maria im Geheimnis der Menschwerdung des Sohnes Gottes und an durch ihr Mitleiden und Mitopfern oben auf Golgotha zu Füßen des Kreuzes bereitet hat. Sie sorgt sich heute noch für all ihre Kinder, daß ihnen dieses kostbarste Brot und der Appetit dafür nicht ausgeht. Rufen wir sie an, Unsere Liebe Frau vom Heiligsten Sakrament! Rufen wir sei an, wies sie eine Missionsschwester vor einem alten, ehrwürdigen Bild der Ährenkleid-Madonna in Maria-Sorg bei Salzburg in dem von der seligen Maria Theresia Ledochowska errichteten Missionshaus angerufen hat in dem folgenden Gedicht:

„Maria Sorg, die Weizenfrau
ist sie vom Volk genannt;
denn gold’ne Ähren trägt zur Schau
ihr leuchtend blau Gewand.
Maria Sorg, du Weizenfrau,
gib deinen Kindern Brot
und träufle deiner Liebe Tau
auf unsres Leibes Not!
Maria Sorg, die Weizenfrau
hast du nicht Trank und Speis’
auch für die Seel’?! Der Weg ist rauh
auf dieser Pilgerreis’!
Maria Sorg, die Frau so mild,
sie lächelt still beglückt.
Des Abendmahles lieblich Bild
hält ihres Geist entzückt.
Ja, Fleisch von ihrem Fleisch fürwahr
und Blut von ihrem Blut
hat uns ihr Sohn gegeben dar
in seiner Liebe Glut.
Drum will ich gehen zur Weizenfrau,
sie sorgt in jeder Not,
und Leib und Seel’ ich ihr vertrau
im Leben und im Tod“


Anmerkungen

) vgl. J. Furger. Eucharistische Heiligenlegende S. 67.
) Leopold Kretzenbacher, Maria im Ährenkleid, in: Heimat im Volksbarock (Klagenfurt 1961) S. 93-96.


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Rundbrief Nr. 34 vom 05. Juni 2014 - Osterzeit 2014

Plädoyer für die heilige Beichte -
Der Papst gegen Generalabsolution

Liebe Mitglieder meiner Herz-Jesu-Familie

Heute möchte ich Ihnen zwei Beiträge über die heilige Beichte vorstellen. Der erste soll Sie ermutigen, recht oft zur heiligen Beichte zu gehen, der zweite Beitrag über die Generalabsolution.


Plädoyer für die heilige Beichte

Dr. Andreas Schönberger

Jemand ging kürzlich zur Beichte in einer Jesuitenresidenz. Der Pater, er war schätzungsweise über 60 Jahre alt, stellte unmittelbar nach dem Sündenbekenntnis die Frage: „Warum gehen Sie alle 14 Tage beichten?“ Daran schloß sich die Ermahnung, in Zukunft das Bußsakrament weniger häufig zu empfangen. Diese für den Kurswert der Beichte, und vor allem der so genannten „Andachtsbeichte“ bezeichnende Begebenheit stellt sicher keinen Einzelfall dar. Noch vor einem Jahr etwa erklärte ein Dechant öffentlich, obwohl die Bußandacht noch nicht als Sakrament anerkannt sei, habe diese Art der Sündenvergebung sakramentalen Charakter. Qualitativ bestehe kein Unterschied zwischen Bußandacht und Ohrenbeichte. Das werde Rom sicher bald erkennen. Nun, Rom hat ganz klar die traditionelle Lehre bestätigt, daß die sakramentale Lossprechung an die Ohrenbeichte gebunden bleibt (Seelsorgliche Richtlinien für die sakramentale Generalabsolution vom 16. 6. 1972).

Wird damit der Streit um die Ohrenbeichte beendet sein, so wie es in dem lateinischen Spruch heißt: „Roma locuta, causa finita?“ Rom hat zwar gesprochen, muß man heute schon übersetzen, aber damit ist die Sache noch lange nicht erledigt. Denn seitdem Rom aufgehört hat, die Häretiker beim Namen zu nennen - vom Bannfluch ganz zu schweigen - gibt es in der Kirche viele Lehrämter. „Theologen“, Professoren, fortschrittliche Laien und die Massenmedien werden weiter nichts unversucht lassen, um die Beichte - wenn notwendig über die Bußandacht - abzuwürgen. Und ohne Zweifel haben sie starke Kräfte hinter sich. Auch wer im Allgemeinen nicht geneigt ist, gleich den Teufel an die Wand zu malen, wird zugeben müssen, daß es nur der böse Geist selber sein kann, der den Kampf gegen das Bußsakrament führt. Denn der Beichtstuhl ist nach der Taufe der Ort, wo Satan die schlimmsten Niederlagen erleidet.

Aber der Teufel hat noch einen anderen Grund, warum er die Beichte in Mißkredit zu bringen sucht: Die Sünde soll der Vergessenheit anheim fallen und damit seine eigene Existenz und die Notwendigkeit der Erlösung. Hinter der Diskussion um die Ohrenbeichte verbirgt sich also letztlich die Frage nach dem Wesen des Christentums. Ein moderner Theologe, P. Molininie O. P., meint dazu: „Wenn der Mensch vorgibt, selbst für seine Fehler einzustehen, dann wird er sie sehr bald der Bosheit entkleidet haben, die ihnen anhaftet, um sie auf ein reines und einfaches Versagen gegenüber den Forderungen seines Menschseins zu reduzieren. In den Augen der meisten Hirten von heute besteht die einzige ernst zu nehmende Sünde darin, nicht mündig zu sein bzw. es nicht werden zu wollen. Das beweist klar, daß die christliche Moral faktisch dabei ist, ihren Platz derjenigen der Psychoanalytiker einzuräumen. Dieses Ergebnis ist aber unausweichlich in dem Augenblick, wo man aufhört, Satans Existenz und Einfluß in der Welt ernst zu nehmen.“ Unter dem Druck dieser neuen Moral geht man übrigens mehr und mehr dazu über, auch die bösen Engel in das Reich der volkstümlichen Mythologie zu verbannen. Die moderne Schriftauslegung steht allem, was nach „wunderbar“ aussieht, mißtrauisch gegenüber. Und diese einfache Allergie in Verbindung mit dem Fehlen metaphysischer Einsichten führt sie praktisch dazu, jeder unsichtbaren Wirklichkeit mit Skepsis zu begegnen. Vor allem aber möchten die Menschen unserer Zeit, die so begierig sind, den Dämon und den Horror auf der Leinwand und auf Plakaten zu betrachten, im Hinblick auf ihre Sünden in Sicherheit gewiegt werden. Darum sollte aus ihnen alles entfernt werden, was daraus ein Drama machen könnte - und sei es das Drama der Erlösung. Und sie, die der Angst vor der unmittelbaren Zukunft Ausgelieferten, wollen um jeden Preis von den Ängsten des ewigen Lebens befreit werden.

Der Dechant, von dem eingangs die Rede war, verschaffte seinen Zuhörern die gewünschte Sicherheit, indem er behauptete, die Sünde sei nur dann tödlich, wenn sich der Mensch bewußt von Gott abwende und diese Entscheidung aus der Mitte der Person heraus vorsätzlich fälle. Nur wenn sich der ganze Mensch gegen Gott stelle, könne man von einer Todsünde reden. Die Todsünde stelle aber heute die Ausnahme dar und nur diese Todsünde bedürfe des Beichtstuhls. Auf solche Art läßt sich dann die Bußandacht sehr leicht als das zeitgemäße Mittel der Sündenvergebung begründen. Ja, man vertritt sogar die Auffassung, die gemeinsame Bußfeier entspreche eher dem geänderten Sündenbewußtsein unserer Zeit als die Beichte. Und in der Tat betrachten viele Geistliche und Prediger die Sünde nur noch in ihren äußeren und kollektiven Auswirkungen: Unterernährung und Analphabetentum der Dritten Welt; Kapitalismus und galoppierendes Bevölkerungswachstum, Mißbräuche der Wohlstandsgesellschaft, Kriege usw. Das gesellschaftliche Übel erhält den Vorrang vor der persönlichen Ungerechtigkeit des Einzelmenschen vor Gott. Dem Primat des gesellschaftlichen Aspektes der Sünde entspricht daher auch die „gemeinsame Gewissenserforschung“ in der Bußfeier. Die Generalabsolution - die nach den Richtlinien der Glaubenskongregation nach wie vor auf Situationen gemeinsamer Todesgefahr und dringende Notfälle beschränkt bleiben muß - betont darüber hinaus indirekt die soziale Seite der Versöhnung mit der Kirche, während die Hauptsache der Buße - die Aussöhnung mit Gott in den Hintergrund tritt.

Zur Rechtfertigung der Bußfeiern wird oft die Praxis der alten Kirche herangezogen, die bis ins 4. und 5. Jahrhundert nur den öffentlichen Büßer kannte. Man übersieht dabei jedoch, daß „der Eintritt in den Stand der Büßer den bürgerlichen Tod bedeutete (Cyrille Vogel). Daß die damaligen Bußliturgien mit äußerst demütigenden Riten verbunden waren: öffentlicher Tadel durch den Bischof, Bußgürtel und Trauerkleider, Ausschluß von der Eucharistie, besonderer Platz in der Kirche. Daß die Bußen sehr hart waren: Lange Gebete, Abtötungen verschiedener Art, Fasten, völlige eheliche Enthaltsamkeit, Verbot des Waffentragens oder Handel zu treiben, Abdankung von öffentlichen Ämtern und Ehrenfunktionen usw. Vergleicht man damit eine moderne Bußfeier, dann muß man leider feststellen, daß sie letzten Endes nur darauf abzielt, es dem Sünder noch leichter zu machen als bei der Ohrenbeichte. Indem sie ihn des persönlichen Sündenbekenntnisses enthebt, nimmt sie dem Bußsakrament die einzige noch verbliebene Härte, die Verdemütigung vor dem Priester. Die gemeinsame Bußfeier mag zwar eine gute Vorbereitung auf die Beichte sein - und so sieht sie die Glaubenskongregation in ihren Richtlinien - da, wo sie aber die Ohrenbeichte verdrängt, beraubt sie das christliche Volk eines wesentlichen Mittels der persönlichen Heiligung. In der Tat, die häufige Beichte vermehrt die Selbsterkenntnis, begünstigt die christliche Demut, trägt zur Ausrottung der schlechten Gewohnheiten bei, bekämpft die geistliche Nachlässigkeit und die Lauheit, reinigt das Gewissen und vermehrt durch ihre sakramentale Wirksamkeit die heiligmachende Gnade.

Abbe Huvelin, der in der Krypta der Kirche Sankt. Augustin in Paris die Beichte des Leutnants Charles de Foucauld abnahm und so zum Werkzeug seiner Bekehrung wurde, hat einmal gesagt: „Ich kann niemanden anschauen, ohne danach zu verlangen, ihm die Lossprechung zu geben.“ „Alles, was in der Kirche an Heiligkeit, Frömmigkeit, Gottesverehrung verbleibt, ist zum großen Teil die Wirkung der Beichte“, erklärte das Konzil von Trient.

Die leeren Beichtstühle sind neben den sich leerenden Gottesdiensten die sichtbarsten Zeichen für den Niedergang des christlichen Lebens. Sie sind eine Anklage gegen jene Priester, die aus welchen Gründen auch immer die Bedeutung der Beichte herabsetzen und dem Gottesvolk den Empfang des Bußsakramentes verleiden.

„Priester, seid die Gefangenen eures Beichtstuhls“, schreibt Pfarrer Auneau in seiner Zeitschrift „Pres d’elle.“ „Hier, im stillen Zwiegespräch mit dem, der vor euch kniet, könnt ihr alle Möglichkeiten eures Priestertums entfalten. Wie viele Seelen würden zu hoher Heiligkeit gelangen durch den Dienst heiliger Priester! Hätte Abbe Huvelin seinen Posten in der Kirche St. Augustin verlassen, er hätte den Leutnant de Foucauld verfehlt. Welcher Verlust, für den er ewig verantwortlich wäre! Daran sollten wir Priester denken.“ Der Pfarrer berichtet dann, was ein Freund ihm erzählte:

„Ich war eben erst geweiht worden, als ein Pfarrer mich bat, das Fest Mariä Himmelfahrt mit ihm zu verbringen. Am Vorabend sollte ich ihm im Beichtstuhl aushelfen. Er zeigte mir diesen, verloren in einem Seitenschiff, den er erst einmal reinigen mußte. Er wurde so gut wie nie benutzt. Ich ließ mich am Ende einer Bank in der Nähe des Beichtstuhls nieder und wartete ... Die Schlangen der Beichtenden drängten zum Pfarrer, ohne den jungen Priester auch nur eines Blickes zu würdigen, der meinte, er dürfte nun seine ersten Lossprechungen erteilen.

Die Stunden vergingen, doch niemand kam. Enttäuscht zählte er das Klappern der Beichtschalter, die sich im Hauptschiff schlossen oder öffneten. Die Langeweile, die Müdigkeit, das Gefühl überflüssig zu sein, überfielen mich ... Es war schönes Wetter und ich bekam Lust, spazieren zu gehen ... Ich widerstand der Versuchung und blieb von 14 bis 19 Uhr auf meinem Sitz. Eine erste Erfahrung, Herr, die nicht ohne ist!“ Ich schaute oft auf meine Uhr. Wann endlich wird die Beichtzeit vorüber sein? Und dann war sie vorbei. Die Befreiung! Ich kniete nieder zu einem letzten Gebet, als sich das große Tor der Kirche öffnete. Ein noch junges Beichtkind kniete sich in die Bank vor mir! Ich werde also doch nicht ganz umsonst gewartet haben. Sie betritt den Beichtstuhl, ich folge ihr und befinde mich vor meinem erstes Beichtkind. Was ich zunächst höre, erschreckt mich: „Verfluchen Sie mich, mein Vater, denn ich bin ein Ungeheuer!“ - „Sie verfluchen? Aber ich bin doch hier, um Sie zu segnen!“ - „O, wenn Sie wüßten, mein Vater!“ „Fangen Sie ruhig an!“ Und sie bekennt aufrichtig. In der Tat, alle menschlichen und göttlichen Gesetze klagten sie an. - „Bereuen Sie Ihre Sünden?“ „O ja!“ „Dann erwecken Sie einen Akt der Reue und ich verzeihe Ihnen im Namen Christi.“ Und wo ist das junge Mädchen hingekommen? Sie ist kürzlich gestorben, und zwar in einem Karmel. Ihre Oberin sagte zu mir: „Sie ist die Perle der Perlen, sie ist das Kleinod meiner Gemeinschaft.“ Immer wieder denke ich an jene erste, so eindrucksvolle Lossprechung an einem Vorabend des 15. August.

„Ad montem, qui Christus est.“ „Zu dem Berge, der Christus ist“, ist der Weg oft steil und hart. Die Beichte erleichtert und beflügelt unseren Aufstieg zu Ihm.

* * *


Der Papst gegen Generalabsolution


Nachdem ich die Kongregation für die Glaubenslehre, die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, und den Päpstlichen Rat für die Auslegung von Gesetzestexten angehört, sowie die Meinung der verehrten Brüder Kardinäle, die den Dikasterien der Römischen Kurie vorstehen, eingeholt habe, bestätige ich die katholische Lehre über das Sakrament der Buße und der Versöhnung, die im Katechismus der Katholischen Kirche zusammenfassend dargestellt ist. Deshalb bestimme ich im Wissen um meine pastorale Verantwortung und im vollen Bewußtsein über die immer aktuelle Notwendigkeit und Wirksamkeit dieses Sakramentes Folgendes:

Die Ordinarien sollen alle Spender des Sakramentes der Buße daran erinnern, daß das universale Gesetz der Kirche unter Anwendung der diesbezüglichen katholischen Lehre folgendes bestätigt hat:

„Das persönliche und vollständige Bekenntnis und die Absolution bilden den einzigen ordentlichen Weg, auf dem ein Gläubiger, der sich einer schweren Sünde bewußt ist, mit Gott und der Kirche versöhnt wird; allein physische oder moralische Unmöglichkeit entschuldigt von einem solchen Bekenntnis; in diesem Fall kann die Versöhnung auch auf andere Weisen erlangt werden.“

Deshalb ist „jeder, dem von Amts wegen die Seelsorge aufgetragen ist, zur Vorsorge dafür verpflichtet, daß die Beichten der ihm anvertrauten Gläubigen gehört werden, die in vernünftiger Weise darum bitten, des Weiteren, daß ihnen an festgesetzten Tagen und Stunden, die ihnen genehm sind, Gelegenheit geboten wird, zu einer persönlichen Beichte zu kommen.“ (...)

Gegen Generalabsolution


Da „der Gläubige verpflichtet ist, alle nach der Taufe begangenen schweren Sünden, deren er sich nach einer sorgfältigen Gewissenserforschung bewußt ist, nach Art und Zahl zu bekennen, sofern sie noch nicht durch die Schlüsselgewalt der Kirche direkt nachgelassen sind und er sich ihrer noch nicht in einem persönlichen Bekenntnis angeklagt hat,“ muß jede Praxis mißbilligt werden, die die Beichte auf ein allgemeines oder auf das Bekenntnis nur einer oder mehrerer für gewichtiger gehaltene Sünden beschränkt. Indem man der Berufung aller Gläubigen zur Heiligkeit Rechnung trägt, wird ihnen andererseits empfohlen, auch ihre läßlichen Sünden zu bekennen.( ... ) Die in can. 961 des kirchlichen Gesetzbuches vorgesehene Absolution, die mehreren Pönitenten gleichzeitig und ohne vorausgehende Einzelbeichte erteilt wird, muß im Licht und im Rahmen der vorangehenden Normen verstanden und entsprechend angewendet werden. Sie hat nämlich „den Charakter einer Ausnahme“ und kann in allgemeiner Weise nur erteilt werden:

wenn Todesgefahr besteht und für den oder die Priester die Zeit nicht ausreicht, um die Bekenntnisse der einzelnen Pönitenten zu hören;

wenn eine schwere Notlage besteht, das heißt, wenn unter Berücksichtigung der Zahl der Pönitenten nicht genügend Beichtväter vorhanden sind. (...)

Priestermangel kein Grund


Die beiden im Kanon festgelegten Voraussetzungen für die schwere Notlage dürfen nicht voneinander getrennt werden; deshalb reicht allein die Unmöglichkeit, wegen Priestermangels den Einzelnen die Beichte „ordnungsgemäß“ „innerhalb einer angemessenen Zeit“ abzunehmen, niemals aus; diese Unmöglichkeit muß mit dem Umstand verbunden sein, daß andernfalls die Pönitenten gezwungen wären, ohne ihre Schuld „längere Zeit“ die sakramentale Gnade zu entbehren. Daher muß die Gesamtsituation der Pönitenten und der Diözese im Hinblick auf ihre pastorale Organisation und auf die Zugangsmöglichkeit der Gläubigen zum Sakrament der Buße berücksichtigt werden.

Ab sofort gültig


Ich bestimme, daß alles, was ich mit dem vorliegenden Apostolischen Schreiben in Form eines Motu proprio festgelegt habe, volle und bleibende Gültigkeit habe und vom heutigen Tag an eingehalten werde, ungeachtet jeder anderen gegenteiligen Anordnung.

Gegeben zu Rom, bei Sankt. Peter, am 7. April, 2. Sonntag der Osterzeit oder Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit (Weißer Sonntag), im Jahr des Herrn 2002, dem 24. Jahr meines Pontifikats. - Johannes Paul II.


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